DGUV Information 206-044 - Fehlerkultur Mit Fehlern sicher und gesund umgehen

Abschnitt 2 - Was können Sie als Leitung tun?

Die Leitung hat die Aufgabe, die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für eine konstruktive Fehlerkultur zu schaffen und sich selbst wie ein Vorbild zu verhalten. Ihr persönliches Verhalten und Ihr Mut entscheiden über den Umgang mit Fehlern in Ihrem Umfeld.

Sprechen Sie selbst über eigene Fehler und darüber, was Sie daraus gelernt haben

Sprechen Sie mit Ihren Beschäftigten über eigene Fehler und Ihre persönliche "Lernkurve": Wo gibt es bei euch ähnliche Fälle? Was können wir gemeinsam daraus lernen? Welche organisatorischen Rahmenbedingungen helfen dabei?

Zum Beispiel: Auch der Chef lernt dazu
Der Inhaber einer Kfz-Werkstatt erzählt seinen Beschäftigten, dass er auf der Heimfahrt am Vorabend mit dem Mobiltelefon in der Hand telefoniert und beinahe ein entgegenkommendes Auto gerammt hat. Er wird sich nun endlich eine Freisprecheinrichtung kaufen.

Erarbeiten Sie einen nachvollziehbaren und verlässlichen Prozess dafür, was nach einem Ereignis oder Fehler geschieht

Vertrauen und ein offener Umgang mit Fehlern entstehen, wenn für Beschäftigte klar ist, was nach einem Fehler passiert: Mit wem muss ich sprechen? Wer unterstützt mich? Wie werden Ereignisse und Fehler untersucht? Sie können zum Beispiel im Leitungsteam Leitlinien für den angstfreien Umgang mit Fehlern entwickeln, die Sie dann gegenüber Ihren Beschäftigten kommunizieren.

Investieren Sie in den gezielten Aufbau von Kompetenzen für das Lernen aus Fehlern

Leiten Sie aus guten Beispielen Standards oder "Dos and Don’ts" zur Fehlerkommunikation ab. Entwickeln Sie die Moderationsfähigkeiten bei ausgewählten Beschäftigten. Und setzen Sie sich selbst mit Fragetechniken auseinander, um Ihren Beschäftigten zu zeigen, dass Sie an den tiefer liegenden Zusammenhängen eines Ereignisses interessiert sind (siehe DGUV Information 206-046 "Fünf Fragen nach Regelabweichungen").

Diskutieren Sie über Konsequenzen im Kollegenkreis

Entscheidungen über Konsequenzen sind selten einfach und es ist oft nicht möglich, vollständig gerecht zu entscheiden. Um schwierige Entscheidungen für Beschäftigte trotzdem nachvollziehbar zu machen, sollten Sie solche Entscheidungen und damit verbundene Unsicherheiten oder schwierige Abwägungen offen besprechen. So entwickelt sich Schritt für Schritt eine gemeinsame, berechenbare Entscheidungspraxis.

Zum Beispiel: Grenzen sind Grenzen
Eine Mitarbeiterin hat die Schutztür einer Maschine überbrückt, um schneller arbeiten zu können. Ihr Ziel war dabei, einen Auftrag pünktlich abzuarbeiten. Der Leiter des Betriebs und der Sicherheitsbeauftragte beraten sich dazu und bitten auch die Mitarbeiterin dazu. Die Umstände, die zur Manipulation geführt haben, werden gründlich erörtert. Eine deutliche Ermahnung muss es, neben dem sofortigen Rückbau der Manipulation, natürlich trotzdem geben. Die Argumente der Beschäftigten sollten dann dazu beitragen, das Produktionsverfahren so umzustellen, dass eine Manipulation in Zukunft unnötig wird.

Lenken Sie die Aufmerksamkeit auch auf kleine Fehler, Ereignisse und Beinaheunfälle

Aus schweren Ereignissen, Fehlern oder Unfällen kann man nicht mehr lernen als aus weniger schweren. Als Leitungs-

team sollten Sie deshalb nicht nur Interesse an schweren Ereignissen zeigen. Handeln Sie präventiv: Fragen Sie Ihre Beschäftigten nach kleinen Abweichungen und Fehlern, kritischen Situationen, Unstimmigkeiten und Unklarheiten. Nutzen Sie beispielsweise die Energie der Beinaheunfälle oder "Gerade noch einmal gut gegangen"-Ereignisse.

Diskutieren Sie mit Ihren Beschäftigten, wie diese Ereignisse entstehen, welche Risiken damit verbunden sind und wie diese vermieden werden können. So erhöhen Sie die Achtsamkeit bei Ihren Beschäftigten für kleinere Fehler, bevor größere überhaupt entstehen, die oft mit viel Leid verbunden sind.

Kasten 1: wichtige Phasen in einer Ereignisanalyse
Phase 1: Information sammeln (beschreiben)
  • Beteiligte erläutern kurz das Ereignis (5 min):

    Was ist wichtig, um die Entstehung des Vorfalls zu verstehen?

  • Die anderen Teilnehmer stellen danach offene, erkundende Fragen, um das Geschehen besser zu verstehen (siehe Kasten 2).

Phase 2: Annahmen sammeln (erklären, noch keine Bewertung)
  • Offenes Zusammentragen von Hypothesen über mögliche Zusammenhänge:

    Was könnte zu dem Ereignis geführt haben - technisch, organisatorisch, menschlich?

Phase 3: Annahmen auswerten (bewerten)
  • Welche Erklärungen erscheinen uns für das Ereignis plausibel?

  • Welche sind für unsere künftige Arbeit besonders relevant?

  • Was müssen wir verändern - technisch, organisatorisch, menschlich?

  • Wer muss in welcher Reihenfolge welche Entscheidungen treffen, um vorwärtszukommen?

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