DGUV Information 201-061 - Handlungsanleitung für sicheres Arbeiten in Druckluft

Abschnitt 5.1 - 5 Sicheres Arbeiten in Druckluft
5.1 Planungsphase

5.1.1
Grundlagen

Arbeiten in Druckluft gelten nach Anhang II, in Verbindung mit § 2, (3) der Baustellenverordnung, als besonders gefährliche Arbeiten.

Im Nachfolgenden werden zum Teil über das Regelwerk hinaus ergänzende Maßnahmen beschrieben, die für sicheres Arbeiten in Druckluft anzuwenden sind.

5.1.2
Maßnahmen/Hinweise für Bauherr bzw. Bauherrin und Planer bzw. Planerin in der Entwurfsplanung

Nachfolgend aufgeführte Maßnahmen und Hinweise müssen mindestens im Zuge der Planungsphase durch den Bauherrn bzw. der Bauherrin, dem Planer bzw. der Planerin untersucht, bewertet und festgelegt werden.

5.1.2.1
Geologische und Hydrogeologische Erkundung

  • Geologische Erkundung

    • Baugrundaufschlüsse

    • fachgerechtes Verschließen von Erkundungsbohrungen im Einflussbereich der Druckluftarbeiten, zur Vermeidung einer späteren Ausbläsergefahr

    • Bodenschichtung, Schichtgrenzen, Störzonen

    • Laborversuche zur Ermittlung der Bodenkennwerte

    • Eigenschaften der Bodenschichten

    • Gefahrstoffbelastung (geogene Belastungen und Altlasten)

    • chemische Eigenschaften des Baugrundes bei Verwendung von Stützflüssigkeiten

  • Hydrologische Erkundung

    • Oberflächengewässer

    • Hydrogeologische Verhältnisse

    • Grundwasserstand, Grundwasserströmung

    • Grundwasserleiter, Grundwasserstauer

    • Schadstoffbelastung

  • Tidenhub, zeitlicher Einfluss auf Wasserdruck an der Ortsbrust

  • Bei Grundwasserpegeln, Brunnen und anderen künstlichen Baugrundstörungen im Einflussbereich der Druckluftarbeiten sind diese zur Vermeidung einer späteren Ausbläsergefahr fachgerecht zu verschließen

  • Bewertung der Erkundungsergebnisse im Hinblick auf die Trassenwahl

5.1.2.2
Geotechnischer und bautechnischer Bericht

  • Eignung des Baugrundes für das gewählte Bauverfahren

  • Vorgaben für das Bauwerk und die Bauausführung

  • Bodenkennwerte für Berechnungen festlegen

  • Bemessungswasserstand festlegen, bei Tiden-Einfluss zusätzlich zeitlichen Verlauf des Grundwasserstandes

  • Beweissicherungsverfahren

5.1.2.3
Statische Berechnungen/Machbarkeit/ Entwurfsplanung

  • Machbarkeitsstudie

  • Stützdruckberechnung

  • Ausbläsernachweis

  • Luftbedarfsermittlung für alle Bauzustände

  • Prüfung und Festlegung von notwendigen Zusatzmaßnahmen, z. B. Ballastierung, Bodenverbesserung, Vereisung

  • Erfordernis von Taucharbeiten gem. Kap. 7 prüfen

  • Entwurfsplanung

5.1.2.4
Planung von Arbeiten in Druckluft

  • Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators bzw. einer Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatorin für die Planungsphase gemäß § 3, (1), BaustellV durch den Bauherrn oder die Bauherrin

  • Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans für die Planungsphase gemäß § 3, (2), BaustellV durch den Koordinator bzw. die Koordinatorin. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Arbeiten in Druckluft nach Anhang II der Baustellenverordnung als "Besonders gefährliche Arbeiten" eingestuft werden. Bei der Erstellung des SiGe-Planes sind auch die nachfolgenden gegenseitigen Gefährdungen zu berücksichtigen:

    • Parallelarbeiten im atmosphärischen Teil des Tunnels bei gleichzeitigen Arbeiten in Druckluft

    • Parallelarbeiten innerhalb des Druckluftbereiches

  • Hinzuziehung arbeits- und hyperbarmedizinischer Fachberatung hinsichtlich des Zusammenwirkens von Druckhöhe, Arbeitsverfahren und Arbeitsschwere

  • Hinzuziehung technischer Fachberatung hinsichtlich Arbeitssicherheit, Arbeitsverfahren und Gerätetechnik

  • Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes und Ableitung der daraus resultierenden Maßnahmen

  • Festlegung von Maßnahmen hinsichtlich hyperbarmedizinischer und technischer Erfordernisse zur Aufnahme in die Leistungsbeschreibung, sowie das Leistungsverzeichnis.

  • Folgende Leistungspositionen sollten in der Leistungsbeschreibung/dem Leistungsverzeichnis für Arbeiten in Druckluft berücksichtigt werden:

    • Art und Umfang der Arbeiten in Druckluft

    • Betreuung durch ermächtigten Arzt

    • Mobilisieren/Demobilisieren von Gerät, Material und Personal für Arbeiten in Druckluft

    • Vorhalten von Gerät, Material und Personal für Arbeiten in Druckluft in Phasen ohne Druckluftarbeiten

    • Vorhalten von Gerät, Material und Personal während der Arbeiten in Druckluft

    • Ausführung der Arbeiten in Druckluft, z. B. Wartung, Hindernisbeseitigung, usw., in Abhängigkeit von der Druckstufe

    • bei Bedarf Zusatzmaßnahmen

  • Bei langen Tunnelbauwerken, in denen unter Druckluft gearbeitet wird, sind abhängig von der Gefährdungsbeurteilung Notausstiege mit Personenschleusen vorzusehen.

  • Bei Tunneln mit kleinem Innendurchmesser (< 4 m) muss bereits mit der Gefährdungsbeurteilung in der Planungsphase der Einsatz eines größeren Durchmessers zugunsten der Sicherheit in der Vortriebsphase untersucht werden. Nur so können unter Berücksichtigung der Aspekte Arbeitssicherheit, Ergonomie und Rettung die Mindestanforderungen an den Tunnelquerschnitt ermittelt werden.

  • Wenn die Grenzen der Druckluftverordnung in Ausnahmefällen überschritten werden müssen, ist die Genehmigungsfähigkeit mit der zuständigen Behörde abzuklären. Daraus resultierende Zusatzmaßnahmen sind detailliert zu beschreiben und gesondert in die Leistungsbeschreibung sowie das Leistungsverzeichnis aufzunehmen.

5.1.2.5
Besonderheiten bei Caissons

  • Statik Arbeitskammerdecke, z. B. für Arbeitsdruck, Ballastierung, Lasten aus Hebezeugen.

  • Schneidenschuhgeometrie gemäß Geologie (Winkel, Breite Überschnitt, usw.) planen.

Im Havariefall darf sich bei vollständigem Druckverlust der Caisson nur soweit absenken, dass ein ausreichender Lichtraum für die Beschäftigten verbleibt. Dafür ist ein statischer Nachweis erforderlich (siehe auch Anhang 1, Ziffer 1.1, DruckLV)

5.1.3
Maßnahmen/Hinweise für die Unternehmer, Unternehmerinnen, Planer und Planerinnen in der Ausführungsplanung

Nachfolgend aufgeführte Maßnahmen und Hinweise müssen mindestens im Zuge der Planung der Ausführungsphase durch den Unternehmer bzw. Unternehmerin bearbeitet werden, sofern vertraglich nichts anderes geregelt ist.

5.1.3.1
Statische Berechnung/Ausführungsplanung

  • Lastannahmen treffen und mit dem Prüfer bzw. Prüferin abstimmen

  • Stützdruckberechnung und Nachweis der Ausbläsersicherheit für maßgebende Berechnungsquerschnitte

  • Luftmengenberechnung

  • Schildstatik

  • Schleusenstatik

  • Druckwandstatik

  • Lastannahmen, Bemessungsgrundlagen und Prüfmethoden für ausgewählte Bauteile festlegen, z. B. Ausfahrtopf, Caissonschneide

5.1.3.2
Festlegen der projektspezifischen Anforderungen

  • Gerätekonzept

  • Materialtransport/Förderkonzept

  • Personalkonzept

    • Schichtbetrieb (ein- oder mehrschichtig, unter Berücksichtigung von Kap. → 5.2.3.10 und → 5.2.3.11), Schichtwechsel (in Druckluft oder im atmosphärischen Bereich)

    • Personalbedarf

    • Fachkräfte gem. § 18 DruckLV

    • Personalredundanz

  • Flucht- und Rettungskonzept

5.1.3.3
Gefährdungsbeurteilung

5.1.3.4
Planung der Baustelleneinrichtung für die Arbeiten in Druckluft

  • Standort der Krankendruckluftkammer und des Arztraumes in Abstimmung mit dem ermächtigten ärztlichen Fachpersonal festlegen und logistisch mit den Rettungsdiensten abstimmen.

  • Ausstattung Krankendruckluftkammer, Arzt-, Erholungs-, Umkleide-, Trocken- und Waschräume sowie Toilettenanlage (siehe auch § 17 und Anhang 1, Ziffer 3, DruckLV).

  • Verkehrswege festlegen

    • Transport der Druckluftarbeiter bzw. Druckluftarbeiterinnen im Tunnel und Schacht regeln

    • Körperliche Anstrengung und Erschütterungen nach dem Ausschleusen vermeiden und Druckluftpersonal mittels Personenzugs (langsame Fahrt) und Personenförderkorb oder Aufzug befördern

  • Flucht- und Rettungswege festlegen

  • Erforderliche Erste Hilfe Einrichtungen ermitteln

  • Einsatzplanung mit den Rettungsdiensten abstimmen

  • Zufahrt für Rettungsfahrzeuge bis zur Krankendruckluftkammer sicherstellen

5.1.3.5
Parallelarbeiten im atmosphärischen Teil des Tunnels bei gleichzeitigen Arbeiten im Druckluftbereich

  • Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung für die Parallelarbeiten, Beschreibung und Festlegung der erforderlichen Maßnahmen unter Berücksichtigung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes

  • Festlegungen treffen, welche Arbeiten im Tunnel/ Schacht/Rampe parallel zu den Druckluftarbeiten durchgeführt werden dürfen (Brandgefahren siehe Kap. → 5.2.7.3, Einsturzgefahren, blockierte Flucht- und Rettungswege)

5.1.3.6
Parallelarbeiten innerhalb des Druckluftbereiches

  • Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung für die Parallelarbeiten, Beschreibung und Festlegung der erforderlichen Maßnahmen unter Berücksichtigung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes

  • Vermeidung der Gefährdung von Beschäftigten durch Parallelarbeiten in der Arbeitskammer, z. B. Exposition von Beschäftigten mit Gefahrstoffen, Feuer, Wassereinbruch, Verbruch, blockierte Flucht- und Rettungswege, herabfallende Gegenstände