DGUV Information 201-061 - Handlungsanleitung für sicheres Arbeiten in Druckluft

Abschnitt 6.4 - 6.4 Sättigungsexposition bei der Überdruckarbeit

6.4.1 Allgemeines

Jede Überdruckexposition führt nach spezifischer, druckabhängiger Aufenthaltszeit zu einem neuen Niveau der Inertgaslösung in den menschlichen Geweben. Bei konstantem Druck ist nach Stunden bis Tagen im Überdruck ein Inertgaslösungsniveau in allen Geweben erreicht, das sich auch bei längerer Exposition auf gleicher Druckstufe nicht mehr erhöht. Dieser Zustand wird als Sättigung bezeichnet.

Aus dem Bereich des professionellen Tauchens existieren Erfahrungen mit sog. Tieftauchanlagen. Solche Tieftauchanlagen sind speziell angepasste Druckkammersysteme, in denen Menschen in einen neuen, anhaltenden Atemgassättigungszustand gebracht werden. Aus diesem Zustand heraus können dann größere Expositionstiefen erreicht werden, wobei das Wiederauftauchen nur auf die vorangegangene Sättigungstiefe des Druckkammersystems erfolgt. Eine solche Exposition dauert typischerweise Tage bis Wochen.

Diese Erfahrungen aus Sättigungstauchgängen könnten grundsätzlich auf den Bereich der Arbeiten in Druckluft vor allem für Druckstufen > 5 bar Überdruck übertragen werden, wobei wissenschaftlich abgesicherte Erfahrungen, anders als bei den Tieftauchanlagen, derzeit nicht vorliegen. Bei solchen Druckstufen ist die Anwendung von Mischgas unabdingbar.

Da die Anwendungsbedingungen eng mit den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Bauvorhabens verknüpft sind, muss die Verfahrensweise bereits in der Projektplanung entwickelt und die Genehmigungsfähigkeit geprüft werden.

6.4.2 Anwendung der Sättigungstechnik

Da bei Anwendung der Sättigungstechnik immer auch die Mischgastechnik zum Einsatz kommt, sind die Vorgaben aus dem Kap. 6.3 entsprechend anzuwenden.

  • Für die Durchführung der Arbeiten ist eine Ausnahmegenehmigung durch die zuständige Arbeitsschutzbehörde erforderlich.

  • Für die ärztliche Untersuchung und die Versorgung der Beschäftigten während der Arbeiten, sowie der Wartezeiten ist ein ermächtigter Arzt oder eine ermächtigte Ärztin zu bestellen, der oder die als Hyperbarmediziner bzw. Hyperbarmedizinerin über Erfahrungen beim Einsatz der Sättigungstechnik verfügt.

  • Bei Anwendung der Sättigungstechnik beträgt der Zeitraum zwischen Ein- und Ausschleusen aufgrund der sehr hohen Drücke und der langen Verweilzeit mehrere Tage bis Wochen. Die Beschäftigten werden nach einem Einsatz nicht direkt wieder auf atmosphärischen Druck ausgeschleust und bleiben auch außerhalb der Arbeitskammer weiterhin unter Überdruck. Aus diesem Grund sind auf der Baustelle Druckkammersysteme vorzuhalten, in denen die Beschäftigten über einen längeren Zeitraum wohnen und leben können. Ferner ist ein Transportkammersystem vorzuhalten, mit dem die Beschäftigten zwischen der Wohnkammer und der Arbeitskammer der Tunnelbohrmaschine (TBM), unter Aufrechterhaltung des Überdruckes, transportiert werden können.

  • Die TBM und Baustellenlogistik muss für die Durchführung von Sättigungsarbeiten ausgerüstet sein, z. B.

    • Anschlussflansche für die Transportkammer an der Personenschleuse, dem Druckkammersystem und der Behandlungsdruckkammer

    • Sicherer und ungehinderter Verkehrsweg der Transportkammer durch die Nachläufer

    • Geeignete Hebeeinrichtungen für die Transportkammer

    • Geeignete Transporteinrichtung für eine erschütterungsfreie Beförderung zwischen TBM und Wohnkammer

    • Auslegung des Druckkammersystems, speziell der Wohnkammer in Abhängigkeit von der max. Personenzahl und der geplanten Sättigungsdauer

  • Die Randbedingungen der Ausführung sind an die Vorgaben des Gutachtens aus der Planungsphase anzupassen, neue Erkenntnisse, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz erhöhen, sind dabei zu berücksichtigen.