Abschnitt 5.5 - 5.5 Caissonbauweise
5.5.1 Allgemeines
Caissons oder Senkkästen werden zu unterschiedlichen Verwendungszwecken, z. B. als:
Fundamente
Wasser-Reservoirs
Tunnelelemente
Baugruben
im Baugrund abgesenkt.
In der Regel gelangen die Druckluftarbeiter bzw. Druckluftarbeiterinnen von der Personenschleuse über vertikale Schachtrohre (s. Abb. 13) in die unter dem Caisson befindliche Arbeitskammer. Material und Geräte werden über eine Materialschleuse, die oberhalb der Arbeitskammerdecke angeordnet ist, eingeschleust. Die Exposition der Beschäftigten erfolgt planmäßig arbeitstäglich über die gesamte Schicht. Die Arbeiten in Druckluft werden über einen längeren Zeitraum (mehrere Tage/Wochen/Monate) ausgeführt. Die Höhe des Arbeitsdruckes steigt mit jedem Absenkschritt.
Bei Arbeiten in Tauchglocken mit Personenschleusen sind die Maßnahmen der Caissonbauweise analog umzusetzen.
Siehe auch Kap. → 5.1 und Kap. → 5.2
Abb. 13
Personenschleuse und vertikales Schachtrohr eines Senkkastens
5.5.2 Gerätetechnische Anforderungen
5.5.2.1
Personenschleuse
Die Druckluftverordnung und die DIN EN 12110 geben nur die Mindestanforderungen für die Personenschleusen wieder. Wo immer möglich sind die Abmessungen und Ausstattung der Personenschleusen im Sinne des Arbeitsschutzes und der Ergonomie zu optimieren.
Beim Einsatz einer 3-Kammerschleuse ist die Kapazität der Hauptkammer auf Personenstärke auszulegen.
5.5.2.2
Schachtrohre
Durchmesser und Ausstattung nach ergonomischen und arbeitsschutzrelevanten Gesichtspunkten festlegen, z. B. Verkehrsweg, Fluchtweg, Rettungsweg, Beleuchtung, Belüftung.
Auf-/Abstiege mittels Steigleiter, gem. ASR, A1.8, "Verkehrswege":
Absturzsicherung, z. B. Steigschutz (s. Abb. 14), Rückenschutz, vorsehen
Ruhepodest (klappbar) alle 10 m
Zugang mittels Personenförderkorb:
Zugelassenen und geprüften Personenförderkorb (s. Abb. 15) verwenden
Krane und Winden müssen den Anforderungen der TRBS 2121, Teil 4, "Gefährdungen von Personen durch Absturz - Heben von Personen mit hierfür nicht vorgesehenen Arbeitsmitteln", entsprechen.
Da i.d.R. keine Möglichkeit besteht einen redundanten Fluchtweg einzurichten sind die Steigleitern bzw. Personenförderkörbe auch für die Selbstrettung zu nutzen
Abb. 14
Schachtrohr mit Steigleiter und Steigschutz
5.5.2.3
Materialschleuse
Abmessungen der Materialschleuse ausreichend dimensionieren, auch für Sondertransporte wie z. B. Pumpen, Kübel, Großgeräte
Seilwinde für max. Last auslegen
Bei geplantem Verletztentransport durch die Materialschleuse muss diese als Kombischleuse ausgelegt sein.
5.5.2.4
Arbeitskammer
Ausreichend Anschlagpunkte in der Arbeitskammerdecke vorsehen, um notwendige Arbeitsmittel befestigen zu können.
Arbeitskammern müssen so hoch sein, dass die Beschäftigten aufrecht stehen und Geräte gefahrlos bedienen können.
Abb. 15
Personenförderkorb für das Schachtrohr
5.5.2.5
Elektrische Anlagen und Betriebsmittel
Aufgrund von Enge und Nässe in der Arbeitskammer müssen die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel gegen erhöhte elektrische Gefährdungen geschützt sein
Klemmkästen sind besser geeignet als Steckersysteme
Kabelführung, z. B. durch Aufhängen oder Auftrommeln, so vorsehen, dass Beschädigungen ausgeschlossen werden können
Arbeitskammer ausreichend beleuchten.
Siehe auch Kap. → 5.2.2.11
5.5.2.6
Geräte
Bei Arbeiten in Druckluft dürfen Verbrennungskraftmaschinen nicht eingesetzt werden, deshalb sind nur elektrisch, elektrohydraulisch oder druckluftbetriebene Geräte und Maschinen zugelassen.
Spülkanonen
Durch geeignete Standplätze eine ergonomische Bedienung ermöglichen
Standorte der Spülkanonen (s. Abb. 16) so wählen, dass eine gegenseitige Gefährdung der Bediener durch den Spülstrahl minimiert wird
Zuleitungen (Spülrohre) sind fest zu verlegen
Förderpumpe und Förderleitung
Ansaugbereich der Förderpumpe durch einen Fangkorb gegen Hineingreifen/Eingezogen werden schützen
Förderleitungen so weit wie möglich fest verlegen, wo das nicht möglich ist, sind Baggerschläuche einzusetzen und diese gegen Druckschläge zu sichern.
Förderleitung durch einen Schieber so sichern, dass bei einem Versagen der Leitung mit dem Schließen des Schiebers ein unkontrollierter Druckverlust (Ausbläser) verhindert wird
Erdbaumaschinen z. B. Bagger, Lader
Bei Böden, die sich nicht durch Spülförderung abbauen lassen, kommen z. B. Bagger in Verbindung mit einer Kübelförderung zum Einsatz.
Elektrische Zuleitungen zu Erdbaumaschinen sind vor mechanischen Beschädigungen zu schützen. Dieses erfolgt z. B. durch:
Kabeltrommel auf dem Gerät
Zugentlastung
Überfahrschutz
Kabelführung an aufgehängten Schienensystemen
Die Geräteführer bzw. Geräteführerinnen der Erdbaumaschinen müssen über ausreichende Sicht auf den Gefahrenbereich verfügen, sonst sind zum Schutz der anderen Beschäftigten Systeme zur Verbesserung der Sicht, wie z. B. Kamera-Monitorsysteme, vorzusehen.
Abb. 16
Spülkanone mit fest verlegter Zuleitung
5.5.2.7
Technische Kommunikationseinrichtungen
Kommunikationsanlage mit Telefonen in der Arbeitskammer, z. B. unten am Ausgang des Schachtrohres, installieren. Alle Telefone müssen über eine Verbindung zum Schleusenwärter, Pumpenbediener, Pumpenbedienerin, Kompressorstation, usw. verfügen
Zur internen Kommunikation der Beschäftigten in der Arbeitskammer haben sich Headsets mit Funkübertragung bewährt.
Siehe auch Kap. → 5.2.2.6
5.5.3 Verfahrenstechnische Anforderungen
5.5.3.1
Arbeiten in der Arbeitskammer
Ablassen des Druckes zum Absenken des Caissons ist nur zulässig, wenn sich die Beschäftigten im sicheren Bereich (Personenschleuse) befinden.
Zugang zum Schachtrohr als Flucht- und Rettungsweg ständig von Hindernissen freihalten
Spülarbeiten/Nassförderung
Arbeitsabläufe so planen, dass eine Gefährdung der Beschäftigten z. B. durch den Spülstrahl vermieden wird
Von den Arbeitsplätzen der Spülkanonen muss jederzeit ein sicher begehbarer Zugang zum Schachtrohr vorhanden sein.
Gefahrenbereiche, z. B. Ansaugbereich der Förderpumpe, nicht betreten
Nach einem Stopfer in der Förderleitung ist diese vor dem Öffnen drucklos zu machen.
Arbeiten an der Caissonschneide sind mit erhöhter Aufmerksamkeit durchzuführen, da sich durch unbeabsichtigtes Freispülen der Schneide ein Grundbruch einstellen kann.
Augenschutz bei Spülarbeiten verwenden
Aushubarbeiten/Trockenförderung
Im Gefahrenbereich der Erdbaumaschinen dürfen sich keine Beschäftigten aufhalten.
Bei Kübelförderung ist der Aufenthalt von Beschäftigten unter schwebenden Lasten verboten.
Staub möglichst dicht an der Entstehungsstelle absaugen
Bei Bedarf ist Atemschutz mit Partikelfilter zu tragen.
Schutzmaßnahmen gegen Nässe und Kälte in der Arbeitskammer
Wärmende Kleidung, die gleichzeitig auch Schutz gegen Nässe (Wetterschutzkleidung) bietet, verwenden
Wegen der Unterkühlungsgefahr, auch bei der Benutzung von Wathosen, Aufenthalt im Wasser vermeiden
Warme Getränke einnehmen
zusätzliche Pausen vorsehen, ggf. Arbeitszeiten reduzieren
5.5.3.2
Bewetterung
Je Beschäftigtem bzw. Beschäftigte müssen 0,5 m3/min verdichtete Frischluft zugeführt werden
Zur Sicherstellung der Frischluftversorgung in der Arbeitskammer Frischluft in der Nähe der Arbeitsstellen einblasen und an geeigneter Stelle kontrolliert ablassen
Wird bei Aushubarbeiten mit Trockenförderung Staub freigesetzt, ist eine erhöhte Frischluftzufuhr notwendig.
Zu hohe Luftgeschwindigkeiten sind im Arbeitsbereich zu vermeiden.
5.5.3.3
Temperatur: Kälte/Wärme
Personenschleusen und Schachtrohre durch Einhausung und /oder Isolierung gegen äußere Witterungseinflüsse (z. B. Sonneneinstrahlung, Kälte) schützen.
5.5.3.4
Brandschutz
Bei der Caissonbauweise mit Spülförderung ist das Brandrisiko als gering anzusehen. Wird jedoch z. B. ein Bagger eingesetzt, sind die im Kapitel 5.4 beschriebenen Brandschutzmaßnahmen auf ihr Erfordernis hin zu prüfen und ggf. umzusetzen.
Siehe auch Kap. → 5.2.7
5.5.4 Organisatorische Anforderungen
5.5.4.1
Rettung von verletzten Personen aus der Arbeitskammer
geeignete Rettungsgeräte und Rettungstransportmittel, z. B. Rettungskörbe, Tragewannen, Rettungshubgeräte vorhalten
Transport von verletzten Personen, wenn möglich horizontal, z. B. durch die Materialschleuse, wenn diese als Kombischleuse ausgelegt ist
Erste Rettungsübung durch das Schachtrohr im drucklosen Zustand durchführen, d.h. vor Aufnahme der Arbeiten in Druckluft
Danach in regelmäßigen Abständen weitere Rettungsübungen durchführen
Siehe auch Kap. → 5.2.4.16