DGUV Information 201-061 - Handlungsanleitung für sicheres Arbeiten in Druckluft

Abschnitt 3 - 3 Begriffsbestimmungen

Abbaukammer

Raum, in dem der Baugrund abgebaut wird, z. B. beim Hydroschild der Raum zwischen Ortsbrust und Tauchwand, beim Erddruckschild der Raum zwischen Ortsbrust und Druckwand, beim Caisson der Raum zwischen Baugrund und Kammerdecke. Die Abbaukammer ist Teil der Arbeitskammer.

Arbeitskammer

Raum, in dem Arbeiten in Druckluft ausgeführt werden.

§ 2 (1) Nr. 1 Druckluftverordnung (DruckLV)

Atemgasgemische (Mischgas)

Mischgase sind technisch veränderte Atemgase, deren Zusammensetzung von atmosphärischer Luft abweicht. Diese können aus spezifischen für den jeweiligen Expositionsdruck berechneten Mischungen, z. B. aus Stickstoff/Sauerstoff (Nitrox), Helium/Sauerstoff (Heliox) oder Sauerstoff/Helium/Stickstoff/(Trimix) bestehen.

Atemluft

Frischluft, die in die Arbeitskammer und Personenschleusen eingeblasen wird.

Siehe auch Kap. → 5.2.2.9.

Arbeiten in Druckluft

Arbeiten und Aufsichtstätigkeiten in Räumen, in denen ein Überdruck mittels Druckluft von mehr als 0,1 bar herrscht. Dieser Druck wird als Arbeitsdruck bezeichnet.

Die Arbeiten in Druckluft werden durch die "Verordnung über Arbeiten in Druckluft" (Druckluftverordnung (DruckLV)) geregelt.

Arbeitsdruck

Überdruck, der über den atmosphärischen Druck hinausgeht. Dieser wird in der DruckLV in "bar" angegeben.

Der Absolutdruck stellt die Summe aus atmosphärischem Druck und Überdruck dar. Dieser wird bei Arbeiten in Druckluft in Deutschland i.d.R. nicht angegeben, und wenn doch, dann i.d.R. tatsächlich "Absolutdruck" genannt. In anderen Ländern wird allerdings häufig der Absolutdruck genannt, ohne dass dies direkt erkennbar ist.

Arbeitsvorbereitung

Detailplanung des Baubetriebs, Ablaufplanung, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Geräte- und Personaleinsatz, Organisation, usw. durch das ausführende Unternehmen.

ASR

Technische Regeln für Arbeitsstätten. Die ASR konkretisieren die Arbeitsstättenverordnung.

Aufenthaltszeit in Druckluft

Zeitraum vom Beginn des Einschleusens bis zum Beginn der Druckreduzierung beim Ausschleusen. Dieser Zeitraum ist maßgebend für die Ermittlung der Ausschleusungszeit.

Ausbläser

Plötzliches, schlagartiges und unkontrolliertes vollständiges oder teilweises Entweichen des Überdruckes aus der Arbeitskammer.

Ausführungsplanung

Ausführungsplanung meint die Anpassung der Entwurfsplanung an das tatsächlich zu erstellende Bauwerk, hierzu gehören z. B. prüffähige Ausführungsstatik des Bauwerkes unter Berücksichtigung aller Zwischenbauzustände, oder die Planung von Bauhilfsmaßnahmen (z. B. Druckwand, TBM).

Ausschleusungszeit

Zeitraum vom Beginn der Druckreduzierung beim Ausschleusen bis zum Erreichen des atmosphärischen Druckes.

Die Mindestzeiten sind im Anhang 2 der Druckluftverordnung (DruckLV) festgelegt.

Bereitschaftsarzt

Die Einleitung der Behandlung von drucklufterkrankten Beschäftigten kann durch die ermächtigte Ärztin oder den ermächtigten Arzt auf Bereitschaftsärztinnen oder Bereitschaftsärzte übertragen werden, wenn sie oder er nicht ständig an der Arbeitsstelle anwesend sein kann. Die Bereitschaftsärztin oder der Bereitschaftsarzt wird durch die ermächtigte Ärztin oder den ermächtigten Arzt ausgewählt und verpflichtet. Sie müssen die erforderliche Qualifikation und gesundheitliche Eignung besitzen, sie müssen jedoch nicht entsprechend der DruckLV ermächtigt sein. Die Bereitschaftsärztin oder der Bereitschaftsarzt muss jederzeit erreichbar sein und innerhalb von 30 min nach Alarmierung an der Arbeitsstelle zur Verfügung stehen.

Die Funktion der Bereitschaftsärztin oder des Bereitschaftsarztes ist in der Regel zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB) 25, Teil 1, geregelt.

Siehe auch "Ermächtigter Arzt".

Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 31 "Überdruck"

Die ärztlichen Untersuchungen nach § 10 DruckLV werden von einer dafür ermächtigten Ärztin oder einem dafür ermächtigten Arzt nach den anerkannten Regeln der Arbeitsmedizin gem. dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 31 "Überdruck" durchgeführt (s. DGUV Information 240-310 "Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 31 Überdruck").

Der berufsgenossenschaftliche Grundsatz G 31 "Überdruck" wird zeitnah durch die DGUV Empfehlung "Überdruck (Arbeiten in Druckluft und Taucherarbeiten)", welche Inhalt der neuen "DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen" ist, ersetzt werden.

Beschäftigte

Beschäftigte (m/w/d) sind alle Personen, die in Wahrnehmung einer baustellenbezogenen Aufgabe, bzw. in Erfüllung eines z. B. gesetzlichen Auftrages, die Baustelle betreten. Dabei ist es nicht relevant, ob dies im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder in Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erfolgt.

Beschäftigte sind Arbeitnehmer im Sinne der DruckLV.

Siehe auch § 2, (2), Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).

Betriebshelfer Erste Hilfe

Die Betriebshelferin "Erste Hilfe" oder der Betriebshelfer "Erste Hilfe" verfügt neben den Kenntnissen der "Ersten Hilfe" auch über Kenntnisse der "Ersten Hilfe in Druckluft".

Siehe auch Kap. → 5.2.4.11 und Kap. → 5.2.4.12

Caissonbauweise

Das Bauwerk (Caisson) wird oberirdisch erstellt und durch das Eigengewicht und ggf. gezieltes, temporäres Ablassen der Druckluft abgesenkt. In Deutschland wird auch häufig der Begriff "Senkkasten" verwendet.

Druckluft

Luft mit einem Überdruck von mehr als 0,1 bar.

Siehe auch § 2 (2), DruckLV.

Druckluftarbeiter und Druckluftarbeiterin

Beschäftigte, die regelmäßig in Druckluft arbeiten und nach § 20 DruckLV unterwiesen sind, sowie ihre gesundheitliche Eignung durch eine ärztliche Untersuchung nach § 10 DruckLV nachgewiesen haben.

Druckluftschild

Tunnelbohrmaschine (TBM) mit Druckluftbeaufschlagung der Ortsbrust. Die Druckluftbeaufschlagung dient der Wasserhaltung.

Erddruckschild (EPB)

Tunnelbohrmaschine (TBM) mit aktiver Erddruckstützung der Ortsbrust.

Bei Inspektions-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten in der Abbaukammer wird der stützende Erdbrei teilweise oder vollständig abgesenkt und i.d.R. durch Druckluft ersetzt.

Eignungsuntersuchung (ärztliche Untersuchung)

Gemeint ist hiermit die ärztliche Untersuchung nach § 10 DruckLV. Die für die Untersuchung ermächtigte Ärztin oder der für die Untersuchung ermächtigte Arzt stellt eine Bescheinigung über das Ergebnis der medizinischen Untersuchung zur Vorlage bei der Unternehmerin oder bei dem Unternehmer aus. Die Untersuchung erfolgt nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 31 "Überdruck".

Erlaubnisschein

Erlaubnisscheine werden von der oder dem Fachkundigen gem. § 18 DruckLV zur Durchführung von Druckluftarbeiten, für Druckluftarbeiten mit besonderen Erschwernissen, sowie für Schweiß-, Schneid- und Brennarbeiten in Druckluft erstellt.

Muster für Erlaubnisscheine siehe Anlage 8.1 bis Anlage 8.4.

Ermächtigter Arzt

Ärztinnen oder Ärzte, die die erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde, sowie Fachkenntnisse bezüglich der Arbeiten in Druckluft besitzen und von der zuständigen Behörde ermächtigt sind. Fachkenntnisse sind z. B. durch regelmäßige Teilnahme an einschlägigen Fortbildungsveranstaltungen zu belegen. Für die Wahrnehmung von Aufgaben nach § 12, (1), DruckLV muss die ermächtigte Ärztin oder der ermächtigte Arzt seine gesundheitliche Eignung für Arbeiten in Druckluft nachweisen. Die ermächtigte Ärztin bzw. der ermächtigte Arzt werden im folgenden Dokument teilweise auch als ermächtigtes ärztliches Fachpersonal bezeichnet.

Siehe auch "Bereitschaftsarzt".

Fachkundiger gem. § 18 (2), DruckLV (häufig auch Fachkundiger Druckluft, Druckluft-Befähigter oder Befähigungsscheininhaber genannt)

Fachkundige oder Fachkundiger ist, wer einen behördlichen Befähigungsschein besitzt. Sie oder er muss drucklufttauglich sein.

Die Fachkundige bzw. der Fachkundige, oder ihre ständige Stellvertretung, leitet die Arbeiten in Druckluft und überwacht den Betrieb der Arbeitskammer.

Siehe auch Kap. → 5.2.4.3

Filterkuchen

Der Filterkuchen bildet sich aus der Bentonitsuspension und wirkt als Membrane zur Übertragung des Stützdruckes (Flüssigkeits- oder Druckluftstützung) auf die Ortsbrust und dient der Reduzierung von Druckluftverlusten.

Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung ist die systematische Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen der Beschäftigten, die nach fachkundiger Einschätzung und vorliegender Erfahrung bei der Ausführung der Arbeiten auftreten können und berücksichtigt werden müssen. Die Beurteilung erfolgt hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schwere des möglichen Gesundheitsschadens. Die Gefährdungsbeurteilung dient dem Ziel, die notwendigen und geeigneten Schutzmaßnahmen für Sicherheit und Gesundheit festzulegen. Dabei sind auch vorhersehbare Betriebsstörungen und Notfallsituationen zu berücksichtigen.

In der Planungsphase trägt der Bauherr bzw. die Bauherrin oder die von ihnen beauftragten Dritten die Verantwortung dafür, dass gemäß § 2, Baustellenverordnung (BaustellV) bei der Planung die Grundsätze nach § 4, Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) berücksichtigt werden, insbesondere mit Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Verringerung von Gefährdungen. Bei der Erstellung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans (SiGePlans) in der Planungsphase hat der Koordinator bzw. die Koordinatorin gemäß § 2, BaustellV in Verbindung mit § 4, ArbSchG die gewerkübergreifenden Gefährdungen zu ermitteln und zu dokumentieren und Maßnahmen zu deren Vermeidung bzw. Verringerung festzulegen und zu dokumentieren

In der Ausführungsphase ist die Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5, ArbSchG vor Beginn der Arbeiten durch die Unternehmer und Unternehmerinnen zu erstellen. Dabei sind alle mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln und die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Abwendung dieser Gefahren festzulegen und gemäß § 6, ArbSchG zu dokumentieren.

Hydroschild (Schild mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust)

Tunnelbohrmaschine (TBM) mit aktiver Flüssigkeitsstützung der Ortsbrust.

Bei Inspektions-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten in der Abbaukammer wird die Stützflüssigkeit teilweise oder vollständig abgesenkt und i.d.R. durch Druckluft ersetzt.

Hyperbarmedizin

Begriff beschreibt die Krankheitslehre, Diagnostik und Therapie in der Tauch- und Überdruckmedizin.

Kombinierte Schleuse (Kombischleuse)

Zugang, durch den Beschäftigte und/oder Material in die Arbeitskammer ein- oder aus dieser ausgeschleust werden.

Siehe auch § 2 (1) Nr. 4 DruckLV.

Krankendruckluftkammer (Krankenschleuse)

Räume, die unabhängig vom Arbeitsdruck einer Arbeitskammer zur Behandlung von drucklufterkrankten Beschäftigten sowie zur Probeschleusung nach ärztlicher Anweisung dienen.

Siehe auch § 2, (1), Nr. 5, DruckLV.

Konventioneller Tunnelvortrieb in Druckluft

Tunnelbau in geschlossener Bauweise, bei der Ausbruchs- und Sicherungsarbeiten kontinuierlich in Druckluft ausgeführt werden.

Maschineller Tunnelvortrieb

Tunnelbau in geschlossener Bauweise unter Verwendung einer Tunnelbohrmaschine (TBM), bei der ausschließlich die Abbaukammer mit Druckluft beaufschlagt wird.

Materialschleuse

Zugang, durch den ausschließlich Material und Geräte in die Arbeitskammer ein- oder aus dieser ausgeschleust werden.

Siehe auch § 2, (1), Nr. 3, DruckLV.

Notfallkarte

Die Notfallkarte ist ein Ausweis für in Druckluft Beschäftige. Diese enthält Personal- und Baustellendaten.

Siehe auch Kap. → 5.2.4.19 und → Anlage 8.5

Personenschleuse

Zugang, durch den ausschließlich Beschäftigte in die Arbeitskammer ein- oder aus dieser ausgeschleust werden.

Siehe auch § 2, (1), Nr. 2, DruckLV und Kap. → 5.2.2.2

Planungsphase (BauStellV "Planung der Ausführung des Bauvorhabens")

Die Planungsphase (Entwurf ) umfasst die für ein Bauvorhaben erforderliche Entwurfsplanung, die in der Regel mit der Ausschreibung einschließlich der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen endet.

Sachkundiger Brandbekämpfung gem. § 18 DruckLV

Die Aufgaben des Sachkundigen Brandbekämpfung sind in Kap. → 5.2.4.9 und → 5.2.4.10 beschrieben.

Sachkundiger Druckleitungsnetz gem. § 18 DruckLV

Die Aufgaben des Sachkundigen Druckleitungsnetz sind im Kap. → 5.2.4.4 beschrieben.

Sachkundiger elektrische Anlagen gem. § 18 DruckLV

Die Aufgaben des Sachkundigen Druckleitungsnetz im Kap. → 5.2.4.5 beschrieben.

Schleusenwärter gem. Anhang 3 DruckLV

Die Aufgaben des Schleusenwärters sind in Kap. → 5.2.4.7 und → 5.2.4.8 beschrieben.

Taucher/Taucherin (geprüfter Taucher/geprüfte Taucherin)

Geprüfte Taucher und Taucherinnen gem. der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss "Geprüfte Taucher" (BGBl. Teil I Nr. 8, S. 165ff. vom 8. März 2000).

Taucharbeiten

Arbeiten in Flüssigkeit, bei denen die Taucher bzw. Taucherinnen über Tauchgeräte mit Luft oder auch Mischgasen versorgt werden.

Taucharbeiten in Überdruck

Taucharbeiten in der Arbeitskammer, in der ein durch Druckluft erzeugter Überdruck auf das Tauchmedium (i.d.R. Bentonit) einwirkt und deshalb unter Berücksichtigung des Überdruckes und der Tauchmediendichte eine Äquivalenztauchtiefe zu errechnen ist. Die Atemgasversorgung der Taucherin oder des Tauchers erfolgt in Abhängigkeit von der Äquivalenztauchtiefe mittels Atemluft oder Mischgas.

Toolbox-Meeting

Thematische Mitarbeiterbesprechung und Kurzunterweisung vor Ort, die unmittelbar vor Aufnahme der Arbeiten durchgeführt wird.

Unternehmer

Unternehmerinnen und Unternehmer sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes sowie der DruckLV.

Vorsorgekartei, Gesundheitskartei

In der DruckLV wird hierfür begrifflich sowohl Gesundheitskartei als auch Vorsorgekartei verwendet.

Der Unternehmer bzw. die Unternehmerin hat nach § 3, (4) der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge die Vorsorgekartei für die auf der Arbeitsstelle in Druckluft Beschäftigten zu führen.

Siehe auch Kap. → 5.2.4.18

Wartezeit

Beginnt mit dem Ende des Ausschleusens. Sie beschreibt die Zeit, die die Beschäftigten bei einem Arbeitsdruck von mehr als 1 bar nach dem Ausschleusen noch auf der Baustelle verbleiben müssen. Die Mindestzeiten sind in der DruckLV, Anhang 2 (5) angegeben.

Zuständige Behörde

Für den Arbeitsschutz zuständige staatliche Landesbehörde. Der Name variiert in den einzelnen Bundesländern.

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