DGUV Information 250-010 - Eignungsuntersuchungen in der betrieblichen Praxis

Abschnitt 4 - 4 Beispiele aus der betrieblichen Praxis zu Kapitel 2

Beispiel 1a)
In einem Logistikunternehmen soll eine Fahrerin für Flurförderzeuge eingestellt werden. Das Unternehmen verfügt über eine Vielzahl von Ladebrücken, über die Fahrzeuge beladen werden. Es sind stets mehrere Beschäftigte mit Flurförderzeugen im gleichen Arbeitsbereich tätig, darüber hinaus mitgängergeführte Flurförderzeuge und zufußgehende Personen. Es besteht eine eindeutige Gefährdung der übrigen Beschäftigten, wenn die Flurförderzeugfahrerin beispielsweise unter einer relevanten Einschränkung des Sehvermögens (das kann die Sehschärfe, das räumliche Sehen, das Gesichtsfeld und weitere Sehleistungen betreffen) leidet. Die Verkehrswege der einzelnen Beschäftigten lassen sich weder technisch noch organisatorisch trennen. Damit ist die Erforderlichkeit einer Untersuchung des Sehorgans vor der Einstellung oder auch bei einem entsprechenden Wechsel der Tätigkeit gegeben, um die Einhaltung der Kriterien des Anforderungsprofils zu prüfen.

Bedingt durch die Bauart, den Einsatz und die Einschränkung des Sichtfeldes bei einem Flurförderzeug bestehen u. a. Anforderungen an ein intaktes Gesichtsfeld, das in relevanter Häufigkeit krankheitsbedingt im Laufe des Lebens eingeschränkt werden kann, ohne dass dies dem Unternehmer bzw. der Unternehmerin oder dem bzw. der Betroffenen im Alltag auffällt. Daher kann in diesem Fall auch eine regelmäßige Eignungsbeurteilung zulässig sein.
Beispiel 1b)
In einem Bereich mit hohem Gefährdungspotenzial und aus betrieblichen Gründen gemischten Verkehrswegen (z. B. Hafenbereiche, Flughäfen, Betriebshöfe großer Produktionsanlagen) lassen sich nach dem Stand der Technik Gefahrenwarnungen oft nur durch farbige Lichtsignale oder Farbflächen umsetzen. In solchen Fällen gehört ein ausreichendes Farbunterscheidungsvermögen in das Anforderungsprofil, das eine entsprechende Untersuchung im Rahmen der Eignungsbeurteilung zur Einstellung rechtfertigt.
Beispiel 2
Einem Unternehmer fällt bei einem steigberechtigten Freileitungsmechaniker ein unsicherer Gang auf. Er erfährt, dass dieser gegenüber anderen Beschäftigten wiederholt über Schwindelanfälle geklagt hat. Sollte bei einer Tätigkeit auf einem Mast ein Zwischenfall auftreten, gefährdet der Betroffene nicht nur sich selbst, sondern auch andere Beschäftigte und Hilfeleistende. Sofern die Eignungseinschränkung auch für den medizinischen Laien erkennbar ist, darf der Unternehmer den Betroffenen ab sofort nicht mehr mit gefährdenden Tätigkeiten beschäftigen. In unklaren Fällen muss er vor dem weiteren Einsatz des Beschäftigten in großer Höhe einen individuellen ärztlichen Eignungsnachweis fordern.
Beispiel 3
Tätigkeiten, von denen unmittelbar das Überleben Dritter abhängt, z. B. Mitglieder von Rettungsteams für die Rettung aus abgelegenen Gebieten wie Bergrettung oder Höhlenrettung, stellen besondere Anforderungen an die gesundheitliche Verfassung. Dies gilt auch für Mitglieder von Teams, die über lange Zeit auf sich allein gestellt und voneinander abhängig arbeiten müssen. Die körperlichen Kompensationsmechanismen für Sauerstoffmangel, Kälte etc. können sich krankheits- oder altersbedingt unbemerkt ändern. Unabhängig davon müssen hier extreme Umwelten unter zum Teil hohen körperlichen Belastungen toleriert werden, die im Einsatz auch über längere Zeit zuverlässig erbracht werden müssen. Daher muss die Zulässigkeit einer regelmäßigen Eignungsbeurteilung vom Unternehmen geprüft werden.
Beispiel 4
Bei Beschäftigten einer Werksfeuerwehr können trotz intensiver Beobachtung durch den verantwortlichen Arbeitgeber und entsprechender Befragung nicht alle eignungsrelevanten Gesundheitsstörungen für den Einsatz unter schwerem Atemschutz aufgedeckt werden. Wegen der besonderen Gefährdungssituation und den daraus resultierenden Anforderungen an die Eignung ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle auch ohne erkennbare gesundheitliche Auffälligkeit standardmäßig erforderlich. Denn bei einer schweren Gesundheitsstörung im Einsatz gefährdet die ausgefallene Einsatzkraft nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kameradinnen und Kameraden und die Personen, zu deren Rettung sie eingesetzt wurde. Der Arbeitgeber sollte daher bereits im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festlegen, dass die Eignung in regelmäßigen Abständen ärztlich festgestellt werden muss, um seinen Pflichten aus § 6 DGUV Vorschrift 49 zu genügen.