DGUV Information 209-054 - Tätigkeiten mit Kontakt zu Biostoffen in der Holz- und Metallindustrie

Abschnitt 2.4 - B4 Sonstige Bereiche

B4.1
Tätigkeiten mit Kontakt zu verschimmeltem Archivgut

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In Archiven, Depots oder Magazinen kann es aufgrund baulicher Mängel, fehlender Lüftung oder einem Wasserschaden zu einem Schimmelpilzbefall von Archivmaterial kommen. Häufig wird ein solcher Befall zu spät bemerkt, besonders, wenn nur selten Zugriff auf das Archivmaterial erfolgt.

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Bei Untersuchungen in Archiven wurden die häufig vorkommenden Gattungen Aspergillus, Alternaria, Mucor und Penicillium gefunden, die Allergien auslösen können. Darüber hinaus können Sporen bildende Bakterien (Actinomyceten) vorkommen, die ebenfalls über ein sensibilisierendes Potenzial verfügen.

Einzelheiten zum Thema und zu den erforderlichen Maßnahmen enthält die TRBA 240 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut".

Gesundheitliche Aspekte

Wenn Archivgut sachgerecht gelagert wird und es keine bautechnischen Mängel gibt, ist nicht von einer gesundheitlichen Belastung auszugehen.

Gesundheitliche Belastungen können bei unsachgemäßer Lagerung durch Schimmelpilze entstehen, die über ein allergenes Potenzial verfügen. Die Exposition findet vorwiegend durch Einatmen aufgewirbelten Staubs statt. Im Vordergrund stehen somit die sensibilisierenden Wirkungen.

Maßnahmen

Zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen der Beschäftigten sind Schutzmaßnahmen erforderlich, die zunächst darauf abzielen müssen, einen Schimmelpilzbefall gar nicht erst entstehen zu lassen. Die Bausubstanz muss regelmäßig auf Feuchteschäden im Außen- und Innenbereich der Archive, Depots oder Magazine geprüft werden. Im Fall eines Feuchteschadens muss die Bausubstanz zwingend und umgehend saniert werden, um einem auftretenden Schimmelbefall vorzubeugen oder einen wiederkehrenden Befall zu verhindern. Dazu bedarf es keiner Messung von Schimmelpilzen; die technische Sanierung des Feuchteschadens steht im Vordergrund, um Schimmelpilzen keine Wachstumsmöglichkeit zu geben.

Nach TRBA 240 sollte die Raumtemperatur bei 18 °C ± 2 °C und die relative Luftfeuchtigkeit bei 50 % ± 5 % liegen. Übermäßige Erwärmung durch starke Sonneneinstrahlung ist zu vermeiden. In den Räumen ist für ausreichenden Luftwechsel zu sorgen. Weiterhin sind die Räume und Einrichtungen regelmäßig zu reinigen (siehe dazu Checkliste zur TRBA 240).

Eine Sanierung des befallenen Aktenmaterials darf nur von einem Fachunternehmen durchgeführt werden.

B4.2
Tätigkeiten im Bestattungsgewerbe

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Einige Tischlereien/Schreinereien führen auch Bestattungen aus. Dabei können mögliche Infektionen der verstorbenen Person die Bestatterin oder den Bestatter gefährden. In wenigen spezialisierten Betrieben finden darüber hinaus auch thanatopraktische Tätigkeiten statt (z. B. optische Aufbereitung von Unfallopfern, vorübergehende Konservierung, z. B. zur Überführung ins Ausland).

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Mikroorganismen, darunter auch mögliche Krankheitserreger, können im Körper von Verstorbenen, aber auch im Blut, in Körpersekreten, Ausscheidungen oder in verunreinigter Wäsche oder Arbeitsmitteln enthalten sein. Daher muss Folgendes beachtet werden:

  • Schmierinfektionen können zum Beispiel durch Kontakt mit Mikroorganismen aus Fäkalien auftreten (z. B. Hepatitis-A-Viren).

  • Durch Hautverletzungen können Mikroorganismen eindringen und Infektionen verursachen (z. B. Hepatitis-B- und -C-Viren, hämorrhagische Viren, Hautpilze).

  • Besonders beim Umlagern von Verstorbenen können zudem durch das Komprimieren der Lunge luftgetragene Mikroorganismen in den Atembereich des Bestattungspersonals gelangen (z. B. Tuberkuloseerreger, SARS-CoV-2).

  • Als Überträger von Mikroorganismen kommen auch Parasiten (z. B. Flöhe, Wanzen) infrage.

Grundlegend für die Gefährdungsbeurteilung und die nötigen Schutzmaßnahmen sind Informationen zur Todesursache, die in der Regel der Todesbescheinigung zu entnehmen sind. Hierbei kann es sich um Hinweise auf Krankheitserreger handeln, zum Beispiel bei nach Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheiten wie Tuberkulose oder COVID-19. Bei Überführungen aus dem Ausland muss auch mit Infektionserregern gerechnet werden, die hierzulande nicht endemisch (heimisch) sind, wie Lassa- oder Ebolaviren.

Ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht zudem bei bestimmten Tätigkeiten, zum Beispiel

  • beim Umgang mit spitzen oder zerbrechlichen Gegenständen (wie "vergessene" Kanülen, Gebiss, Glasgefäße),

  • bei besonderen Situationen, wie der Bergung Unfalltoter.

Die Überlebensfähigkeit von Mikroorganismen ist sehr unterschiedlich: sie kann sich von wenigen Stunden bei HIV über mehrere Monate bei Hepatitis-B-Viren bis zu mehreren Jahren bei Tuberkulosebakterien erstrecken. Dementsprechend lange können diese Mikroorganismen dann auch infektiös sein.

Die DGUV Information 214-021 "Biologische Arbeitsstoffe beim Umgang mit Verstorbenen" befasst sich ausführlich mit Gefährdungen und Maßnahmen.

Gesundheitliche Aspekte

Infektiöse Gefährdungen stehen im Vordergrund möglicher gesundheitlicher Risiken für Bestatter und Bestatterinnen. Bei Nichtbeachtung der Reihenfolge der durch die Gefährdungsbeurteilung vorgegebenen Maßnahmen können teilweise schwerwiegende Erkrankungen resultieren.

Maßnahmen

Die Todesbescheinigung muss über eine von der verstorbenen Person ausgehende erhöhte Infektionsgefahr Auskunft geben und auch erforderliche Maßnahmen nennen. Auch wenn keine Infektionsgefahr festgestellt wurde, sind grundlegende Hygienemaßnahmen beim Umgang mit Verstorbenen erforderlich. Hierzu gehören leicht zu reinigende und zu desinfizierende Oberflächen (auch in Fahrzeugen), Schutzkleidung (z. B. Einwegschürze), Schutzhandschuhe (mindestens medizinische Einweghandschuhe), Wasch- und Desinfektionsgelegenheiten, Ess-, Trink- und Rauchverbot, getrennte Aufbewahrung von Arbeits- und Privatkleidung.

Bei bekannter Infektionsgefahr muss bei Tätigkeiten mit Aerosolbildung geeigneter Atemschutz (mindestens FFP2) getragen werden.

Arbeitsmedizinische Vorsorge (siehe auch Abschnitt A8)

Gemäß ArbmedVV muss bei Tätigkeiten mit humanpathogenen Organismen mindestens eine arbeitsmedizinische Vorsorge angeboten werden, bei (sehr seltenen) Arbeiten mit hochpathogenen Erregern (z. B. Lassa, Ebola) sind sogar Pflichtuntersuchungen erforderlich.

Bei Bestattern und Bestatterinnen ist aufgrund der beruflichen Gefährdung, neben den von der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) allgemein empfohlenen Impfungen, eine Impfung gegen Hepatitis A und B sinnvoll. Zu einem konkreten Impfangebot ist grundsätzlich immer die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt zu befragen.

Weiterführende Literatur

Empfehlungen des RKI zu Hygienemaßnahmen im Rahmen der Behandlung und Pflege von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hygiene.html)

B4.3
Ersthelfer und Ersthelferinnen sowie Sanitätspersonal

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Betriebliche Ersthelferinnen und Ersthelfer

Bei der Ersten Hilfe handelt es sich um eine allgemeine Pflicht von Bürgerinnen und Bürgern; daher muss auch in jedem Betrieb eine Erste Hilfe durch betriebliche Ersthelfer und Ersthelferinnen organisiert sein. Bei der betrieblichen Ersten Hilfe handelt es sich nicht um eine berufliche Tätigkeit im Sinne einer Heilbehandlung, die grundsätzlich nur von Ärztinnen und Ärzten oder ärztlich ausgebildetem Personal (z. B. Sanitätspersonal) durchgeführt werden darf. Somit handelt es sich bei der Ersten Hilfe nicht um Tätigkeiten, die unter die Biostoffverordnung fallen.

Sanitätspersonal

Betriebssanitäter und Betriebssanitäterinnen leisten dagegen bereits erweiterte Maßnahmen der Ersten Hilfe und tragen somit zu einer lückenlosen Versorgung der Verletzten bis zur ärztlichen Versorgung bei.

Bei den Notfallsanitäterinnen und -sanitätern (frühere Bezeichnung Rettungssanitäterln/Rettungsassistentln) handelt es sich um die höchste nichtärztliche Qualifikation im Rettungsdienst; diese Personen führen dementsprechend bis zum Eintreffen des Arztes oder der Ärztin die notwendige medizinische Erstversorgung durch.

Informationen zur Gefährdungsbeurteilung nach BioStoffV

Bei der sachgerechten Durchführung der Ersten Hilfe durch eine betriebliche Ersthelferin oder einen betrieblichen Ersthelfer ist von keiner erhöhten Infektionsgefahr auszugehen. Voraussetzung dafür ist das erfolgreiche Absolvieren eines Erst-Hilfe-Kurses und die regelmäßige Fort- und Weiterbildung.

Im Zuge der Erste-Hilfe-Maßnahmen oder weitergehender Untersuchungen durch entsprechend ausgebildetes Sanitätspersonal kann es zu engem Kontakt mit den zu untersuchenden oder verletzten Beschäftigten und auch zu direktem Kontakt mit Blut und anderen Körpersekreten kommen.

Gesundheitliche Aspekte

Eine Infektionsgefahr kann gegenüber dem HI-Virus (HIV, "Aids"-Virus) oder dem Hepatitis-B- bzw. -C-Virus (HBV, HCV) bestehen, wenn verletzte Personen damit infiziert sind.

Darüber hinaus kann auch ein Kontakt zu anderen Infektionserregern im Rahmen der durchzuführenden Rettungsmaßnahmen bestehen (z. B. über Kontakt zu Erbrochenem oder Fäkalien).

Maßnahmen

In der DGUV Information 204-022 "Erste Hilfe im Betrieb" finden Sie umfassende Informationen zur ersten Hilfe für Ersthelferinnen und Ersthelfer sowie Sanitätspersonal.

Der Verbandkasten (DGUV Information 204-022, Anhang 1) enthält Einmalhandschuhe, die einen Schutz vor Infektionen bieten, die durch Blut oder Körpersekrete Verletzter übertragen werden können. Weiterhin kann durch geeignete Einwegschutzkleidung, wie Kittel, Mundschutz, Kopfhaube (DGUV Information 204-022, Anhang 2) ein Körperkontakt zu potenziell infektiösem Material vermieden werden.

Die Untersuchung von verletzten Beschäftigten muss mit der im medizinischen Bereich ohnehin üblichen Hygiene von entsprechend ausgebildetem Sanitätspersonal durchgeführt werden.

Arbeitsmedizinische Vorsorge (siehe auch Abschnitt A8)

Eine arbeitsmedizinische Vorsorge ist für betriebliche Ersthelfer und Ersthelferinnen nicht erforderlich; eine Impfung gegenüber dem Hepatitis-B-Virus kann auf freiwilliger Basis von den Unternehmern und Unternehmerinnen angeboten werden.

Betriebssanitätspersonal ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten, die auch ein Impfangebot beinhaltet, es sei denn, nach der Gefährdungsbeurteilung und aufgrund der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht von einer Infektionsgefährdung auszugehen.

Rückschlüsse über ein erhöhtes Gefährdungspotenzial, zum Beispiel aufgrund von Unfallgeschehen mit schwerwiegenden Verletzungen und der daraus resultierenden Möglichkeit von blutübertragbaren Infektionen, kann beispielsweise das Verbandbuch geben.

Werden in einer werkseigenen Ambulanz Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen eingesetzt, ist für dieses Personal eine verpflichtende arbeitsmedizinische Vorsorge in Bezug auf Hepatitis-B- und -C-Viren unter den folgenden Expositionsbedingungen vorgesehen:

Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig und in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, -ausscheidungen oder -gewebe kommen kann, besonders Tätigkeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr oder Gefahr von Verspritzen und Aerosolbildung (ArbMedVV Anhang Teil 2).