DGUV Information 201-061 - Handlungsanleitung für sicheres Arbeiten in Druckluft

Abschnitt 5.4 - 5.4 Konventioneller Vortrieb in Druckluft

5.4.1 Allgemeines

Die Arbeiten in Druckluft werden bei diesem Bauverfahren ständig und über einen längeren Zeitraum (mehrere Tage/ Wochen/Monate) ausgeführt, wobei sich die Höhe des Arbeitsdruckes nach dem jeweiligen Grundwasserspiegel richtet. Die Exposition der Beschäftigten erfolgt planmäßig arbeitstäglich über die gesamte Schicht. Unter "Konventionellem Vortrieb in Druckluft" werden in diesem Dokument unterschiedliche Verfahren zusammengefasst:

  • Untertagebauarbeiten in Spritzbetonbauweise unter Druckluft

  • Deckelbauweise unter Druckluft

  • Sonderverfahren unter Druckluft, z. B. Einbau einer horizontalen Dichtsohle aus einer Arbeitskammer heraus

  • Dichtanschlüsse an vorhandene Bauwerke unter Druckluft

  • Schachtherstellung unter Druckluft. Je nach Bauverfahren ist auch das Kap.→ 5.5 zu berücksichtigen.

Siehe auch Kap. → 5.1 und Kap. → 5.2

5.4.2 Gerätetechnische Anforderungen

5.4.2.1
Personenschleuse

  • Als Personenschleusen kommen i.d.R. Mehrkammerschleusen als Zugang für die Beschäftigten zum Einsatz.

  • Die Druckluftverordnung und die DIN EN 12110 geben nur die Mindestanforderungen für die Personenschleusen wieder. Wo immer möglich sind die Abmessungen und Ausstattung der Personenschleusen im Sinne des Arbeitsschutzes und der Ergonomie zu optimieren.

  • Beim Einsatz einer 3-Kammerschleuse ist die Kapazität der Hauptkammer auf Personenstärke auszulegen.

  • Die Hauptkammer der Personenschleuse muss ausreichend groß sein, um den Liegendtransport einer verletzten Person zu gewährleisten.

Siehe auch Kap. → 5.2.2.2

5.4.2.2
Materialschleuse

  • Material- und Gerätetransporte erfolgen über separate Materialschleusen. In Einzelfällen müssen die Materialschleusen durch Großschleusen (s. Abb. 10) für Großgeräte ergänzt werden.

  • Die Druckluftverordnung und die EN 12110 beschreiben die Mindestanforderungen.

  • Die Schleusung von Beschäftigten in Materialschleusen ist nicht zulässig. Dieses ist durch gut sichtbare Verbotszeichen kenntlich zu machen.

  • Materialschleusen sind so zu planen, dass ein schlagartiger Druckabfall durch unbeabsichtigtes Öffnen der Türen, z. B. bei Anprall von Fahrzeugen, Fehlbedienung, usw., sicher verhindert werden kann.

  • Für Großgeräteschleusen gelten die oben genannten Bedingungen analog.

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Abb. 10
Schleusentor einer Großschleuse zur Materialförderung mit Gleisbetrieb

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Abb. 11
Bagger mit Elektroantrieb

5.4.2.3
Großgeräte und stationäre Anlagen für Ausbruch- und Sicherungsarbeiten

  • Bei Arbeiten in Druckluft dürfen Verbrennungskraftmaschinen nicht eingesetzt werden. Deshalb sind nur elektrische, elektrohydraulische oder druckluftbetriebene Geräte und Maschinen zugelassen. Elektrischen Zuleitungen sind vor mechanischen Beschädigungen zu schützen. Dieses erfolgt z. B. durch:

    • Kabeltrommel auf dem Gerät (s. Abb. 11)

    • Zugentlastung

    • Überfahrschutz

    • Kabelführung an aufgehängten Schienensystemen

  • Für den vorbeugenden Brandschutz, sowie zur Vermeidung bzw. Bekämpfung von Entstehungsbränden sind z. B. nachfolgende Schutzmaßnahmen geeignet:

    • bordfeste Löschanlagen auf den mobilen Großgeräten (Bagger, Bohrwagen, Lokomotive, usw.)

    • optische und/oder akustische Überwachungs- und Warneinrichtungen auf den stationären Anlagen (Brecheranlage, Schneckenförderer, Förderpumpen, usw.)

    • nur schwer entflammbare Hydraulikflüssigkeiten verwenden

    • Wartungsintervalle verkürzen

    • Oberflächen durch regelmäßiges Reinigen von Ölen und Fetten freihalten

    • Ortsveränderliche Druckgasflaschen (siehe auch Kap. → 5.2.3.8)

5.4.2.4
Technische Kommunikationseinrichtungen

Kommunikationseinrichtungen sollten von allen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen aus gut erreichbar und wahrnehmbar sein. Sofern die Gefahr besteht, dass akustische Signale nicht gehört werden, sind in regelmäßigen Abständen zusätzliche optische Signalanlagen zu installieren.

Siehe auch Kap. → 5.2.2.6

5.4.3 Verfahrenstechnische Anforderungen

5.4.3.1
Arbeiten in der Arbeitskammer

  • Schutzmaßnahmen gegen Staub bei Ausbruch- und Sicherungsarbeiten:

    • Staub möglichst dicht an der Entstehungsstelle absaugen und entstauben (Entstaubungsanlage)

    • Staubbildung durch Wasserbenetzung und/oder Wasservernebelung (z. B. Wassernebelkanonen) reduzieren

    • Bei Sicherungsarbeiten bevorzugt Spritzbeton im Nassspritzverfahren einsetzten

    • Atemschutz mit Partikelfilter tragen

In Abhängigkeit der Dauer und Höhe der Exposition ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen, welche Art des Atemschutzes (Filtermasken mit Ausatemventil, Halbmasken, Atemschutz mit Gebläseunterstützung) getragen werden muss.

Partikelfiltrierende Halbmaske FFP3 nur für kurzfristige Arbeiten verwenden. Bei starker andauernder Staubentwicklung ist ein Partikelfilter P2 an Halb-/Viertelmaske, bzw. Partikelfilter P3 an Gebläse unterstützter Halbmaske (TM3P) oder Helm (TH3P) zu tragen

5.4.3.2
Bewetterung

  • Je Beschäftigtem müssen mindestens 0,5 m3/min verdichtete Frischluft zugeführt werden.

  • Werden bei Ausbruch- und Sicherungsarbeiten Gefahrstoffe (z. B. Gesteinsstäube, Spritzbetonstäube) freigesetzt, ist eine erhöhte Frischluftzufuhr notwendig.

  • Die Frischluft ist in der Nähe der Arbeitsstellen einzublasen. Die Lutten sind rechtzeitig umzusetzen/zu verlängern.

  • Zu hohe Luftgeschwindigkeiten sind im Arbeitsbereich zu vermeiden.

5.4.3.3
Temperatur: Kälte/Wärme

  • Personenschleusen durch Einhausung und /oder Isolierung gegen extreme Temperaturen (Hitze, Kälte) und ggf. Sonneneinstrahlung schützen.

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Abb. 12
Durchführung einer Brandschutzübung mit Personenrettung in Druckluft

5.4.3.4
Brandschutz

Für mögliche Brandereignisse im atmosphärischen Teil des Tunnels, wie auch in der Arbeitskammer sind:

  • ein Brandschutzkonzept zu erstellen, die Schutzmaßnahmen festzulegen und regelmäßige Rettungsübungen (s. Abb. 12) durchzuführen.

  • Fluchtwege vorzusehen, zu kennzeichnen, zu beleuchten und frei von Hindernissen zu halten.

  • Verkehrs- und Fahrwege in der Arbeitskammer zu trennen

  • in der Arbeitskammer vor der Personenschleuse Bereiche freizuhalten, die im Ereignisfall eine sichere Flucht der Druckluftarbeiterinnen bzw. Druckluftarbeiter in die Schleuse ermöglichen

  • Maßnahmen zu treffen, die ein Ausschleusen auch bei einem Brand im atmosphärischen Teil des Tunnels ermöglichen

  • Atemschutzgeräte für die Selbstrettung gem. RAB 25, Anhang, Nr. 8 zur Verfügung zu stellen:

    • Haltezeit der Atemschutzgeräte für die Selbstrettung ist unter der Annahme einer Fluchtgeschwindigkeit von 40 m/min zu ermitteln.

    • Die von Herstellern angegebene Haltezeit der Atemschutzgeräte für die Selbstrettung reduziert sich beim Einsatz in Überdruck proportional zur Höhe des Arbeitsdruckes.

    • Sauerstoffselbstretter sind aufgrund der toxischen Wirkung des erhöhten Sauerstoffpartialdruckes und wegen der erhöhten Atemfrequenz im Ereignisfall nur bedingt geeignet.

    • Um den Einsatz eines Sauerstoffselbstretters in Überdruck zu ermöglichen, muss das Gehäuse mit einer Öffnung versehen sein, die einen Druckausgleich zwischen dem Geräteinneren und der Umgebung ermöglicht.

Siehe auch Kap. → 5.2.7 und Kap. → 5.4.2.3

5.4.4 Organisatorische Anforderungen

5.4.4.1
Rettung von Verletzten aus der Arbeitskammer

  • Rettungsgerät und Krankentrage in der Arbeitskammer vorhalten

  • In der Regel erfolgt der Transport von verletzten Personen liegend durch die Personenschleuse.

  • Der Transport von verletzten Personen kann auch liegend durch die Materialschleuse erfolgen, wenn diese als Kombischleuse ausgelegt ist. Dabei ist zu beachten, dass dann aufgrund der fehlenden Vorkammer ein Nachschleusen des Arztes bzw. der Ärztin nicht möglich ist. Hierbei ist das größere Platzangebot bei der Erstversorgung des Verletzten gegenüber der Notwendigkeit der Nachschleusung abzuwägen.

Siehe auch Kap. →5.2.4.16