Abschnitt 3.10 - 3.10 Turm- und Schornsteinbau
Der Turm- und Schornsteinbau ist gekennzeichnet durch spezielle Arbeitsverfahren, welche in großen Höhen durchgeführt werden. Die Bauwerke werden mit Gleit- und Kletterschalungen oder aus Fertigteilen errichtet. Dabei ergeben sich verschiedenste Gefährdungen während der Baudurchführung, z.B. durch Absturz, durch herabfallende Gegenstände oder durch mangelhafte Standsicherheit von Baugeräten. Beim Aufstieg zu den Arbeitsplätzen können durch die Belastung des Herz-Kreislaufsystems Gesundheitsgefährdungen entstehen.
Abb. 140 Montage des Turms einer WEA
Abb. 141 Kletterschalung an turmartigem Bauwerk
Abb. 142 Aufzug am Turmdrehkran
Rechtliche Grundlagen
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Weitere Informationen
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Gefährdungen |
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Achten Sie bei Turm- und Schornsteinbauarbeiten insbesondere auf folgende Gefährdungen:
Mängel in der betrieblichen Organisation sowie unzureichende Qualifikation der beschäftigten Personen
Absturz von Personen an Bauteilen (z.B. Decken, Dächern, Unterkonstruktionen) und von Arbeits- und Transportmitteln (z.B. Gerüste, Hubarbeitsbühnen, Fahrzeuge)
Getroffen werden durch herabfallende Gegenstände infolge falsch gelagertem oder unzureichend gesichertem Baumaterial sowie bei Hebe- und Transportvorgängen, z.B. durch unsachgemäßes Anschlagen der Last oder durch nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Lastaufnahmemittels
Umkippen, Umstürzen oder Abrutschen von Baugeräten, Material, Gerüsten aufgrund mangelnder Standsicherheit
Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Belastung des Herz-Kreislaufsystems durch die Benutzung nicht ergonomischer Aufstiege in große Arbeitshöhen
Abb. 143 Schutznetz, Schutzdach
Maßnahmen |
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Gegen diese und weitere mögliche Gefährdungen sind, abhängig von Ihrer Gefährdungsbeurteilung, folgende Maßnahmen zu treffen:
Organisation
Legen Sie die Verantwortung und Aufgaben Ihrer Beschäftigten für die Baustelle fest und sorgen Sie für deren Qualifikation (z.B. zur Prüfung befähigte Person für Gerüste, Bedienpersonal von Bauaufzügen und Hebezeugen). Sorgen Sie dafür, dass die erforderlichen Unterlagen (z.B. Betriebsanleitungen, Betriebsanweisungen, Standsicherheitsnachweise) auf der Baustelle vorhanden sind.
Absturzsicherungen
Sorgen Sie dafür, dass:
an Absturzkanten ein Seitenschutz als Absturzsicherung verwendet wird. Nachrangig können Auffangeinrichtungen (z.B. Fanggerüste) eingesetzt werden
Öffnungen in Fußböden bzw. Decken umwehrt oder unverschieblich und begehbar abgedeckt sind
Gerüste und Schalsysteme mit dreiteiligem Seitenschutz ausgestattet sind
bei der Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) weiterführende Maßnahmen (z.B. geeignete Anschlagpunkte, besondere Unterweisung, Rettungskonzept) durchgeführt werden
Wichtige Hinweise für die Verwendung von Konsolgerüsten an Schornsteinen enthält die DGUV Information 201-055 "Feuerfest-, Turm- und Schornsteinbau".
Schutz vor herabfallenden Gegenständen
Sorgen Sie dafür, dass Baumaterial, Kleinteile und Werkzeuge in geeigneten Behältern sicher aufbewahrt werden. Berücksichtigen Sie dabei die Windverhältnisse in großen Höhen.
Ermitteln Sie zuerst den Gefahrbereich am Fuß des Bauwerkes entsprechend der Tabelle. Sperren Sie diesen Bereich ab (feste Absperrungen - kein Flatterband!) und kennzeichnen Sie diesen mit dem Verbotszeichen "Zutritt für Unbefugte verboten" (D-P006).
Radius des Gefahrbereichs um das Bauwerk mit hochgelegenen Arbeitsplätzen nach DGUV Information 201-055
jeweilige Höhe h der baul. Anlage (m) | erforderl. Radius abhängig von h | erforderl. Mindestradius (m) |
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h bis 100 | h/5 | 12,50 |
h > 100 bis 150 | h/6 | 20,00 |
h > 150 bis 200 | h/7 | 25,00 |
h > 200 | h/8 | 30,00 |
Beispiel: Bei einer Bauwerkshöhe von 102 m beträgt der erforderliche Radius h/6 = 17 m. Es ist jedoch der Mindestradius von 20 einzuhalten.
Vermeiden Sie, dass sich im Gefahrbereich Arbeitsplätze und Verkehrswege befinden. Ist dies vom Arbeitsablauf her nicht möglich, stellen Sie sicher, dass Maßnahmen gegen herabfallende Gegenstände ergriffen werden, z.B.:
Geschlossene Gerüstbeläge, die bis an das Bauwerk heranreichen
Seitenschutz als geschlossene Schutzwand ausführen
Schutznetze zum Auffangen von Gegenständen
Errichten von Schutzdächern
wählen Sie entsprechend dem Gewicht und den Abmaßen der Last geeignete Lastaufnahmemittel aus, wie z.B. Transportanker und zugehöriger Abheber, Traversen, formschlüssig wirkende Klemmen
Standsicherheit
Schaffen Sie für Ihre Baugeräte (z.B. Hebezeuge, Betonpumpen, Fahrzeuge, Bauaufzüge) und die zu lagernden Fertigteile einen tragfähigen Untergrund.
Halten Sie für Baugeräte und zu lagerndes Material die Sicherheitsabstände zu Böschungskanten ein.
Sorgen Sie dafür, dass vor dem Lösen der Lastaufnahmemittel bzw. Anschlagmittel die Fertigteile so gesichert sind, dass sie nicht umkippen, abstürzen oder sonst ihre Lage verändern können.
Stellen Sie sicher, dass Gerüste und Schalungssysteme entsprechend der Aufbau- und Verwendungsanleitung errichtet und verankert sind.
Ergonomie
Schaffen Sie sichere und ergonomische Verkehrswege zu den hochgelegenen Arbeitsplätzen, wie z.B. mit Aufzügen, Transportbühnen oder Treppen (siehe Abbildung 142).
Auch bei geringen Höhen hat sich aus ergonomischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Einsatz von Aufzügen für die Personenbeförderung an Bauwerken und Kranen bewährt.