Abschnitt 3.6 - 3.6 Tages-Lärmexpositionspegel
Die Pegelmittelung und die Pegeladdition sind bei der Bestimmung der Geräuschimmission im Wesentlichen nur Zwischenschritte, um den Tages-Lärmexpositionspegel berechnen zu können. Hierzu benötigen wir noch Teilzeiten (Expositionszeiten) für die einzelnen Mittelungspegel und die Bezugsdauer.
Der Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h in dB(A)
kennzeichnet die Lärmbelastung an einem bestimmten Arbeitsplatz, in einem bestimmten Bereich oder für einzelne Personen
ermöglicht den Vergleich mit Auslöse- oder maximal zulässigen Expositionswerten
erlaubt den Vergleich von Geräuschimmissionen unabhängig von deren Art und Entstehung
bestimmt die erforderliche Schalldämmung von Gehörschützern
bestimmt den Personenkreis, der durch arbeitsmedizinische Vorsorge überwacht werden muss
entscheidet über notwendige technische Lärmminderungsmaßnahmen
Der Tages-Lärmexpositionspegel wird in der Regel auf acht Stunden bezogen. Nur bei täglich erheblich wechselnden Geräuschimmissionen darf der Tages-Lärmexpositionspegel ausnahmsweise und mit Genehmigung der zuständigen Behörde als wöchentlicher Mittelwert LEX,40h der einzelnen Tageswerte ermittelt werden; ein noch längerer Beurteilungszeitraum ist nicht zugelassen, z. B. ein Monats- oder Jahres-Lärmexpositionspegel.
Bei der Bestimmung des Tages-Lärmexpositionspegels ist zwischen ortsbezogenem und personenbezogenem Tages-Lärmexpositionspegel zu unterscheiden. Der ortsbezogene Tages-Lärmexpositionspegel beschreibt die Geräuschimmission an einem bestimmten Arbeitsplatz oder Arbeitsbereich mit festen Messpunkten, unabhängig von der Aufenthaltsdauer der Mitarbeiter.
Dieser Tages-Lärmexpositionspegel ist für die Durchführung der Schutzmaßnahmen nach der LärmVibrationsArbSchV maßgebend (z. B. bei der Bestimmung des Lärmbereiches, bei der Tragepflicht von Gehörschutz).
Der personenbezogene Tages-Lärmexpositionspegel ist z. B. dann anzuwenden, wenn sich Mitarbeiter nicht ständig in Lärmbereichen aufhalten, jedoch der personenbezogene Tages-Lärmexpositionspegel aufgrund wechselnder Einsatzorte die Auslösewerte erreicht oder überschreitet (z. B. zur Bestimmung der arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Kontrolleuren oder betrieblichen Vorgesetzten). Ein weiterer Anwendungsfall des personenbezogenen Tages-Lärmexpositionspegels tritt bei der Beurteilung von Lärmerkrankungen im Berufskrankheitenverfahren auf. In diesen Fällen muss die tatsächliche Lärmbelastung als äquivalenter Dauerschallpegel für den einzelnen Mitarbeiter bestimmt werden.
3.6.1
Ermittlung des Tages-Lärmexpositionspegels
Am einfachsten ließe sich der Tages-Lärmexpositionspegel bestimmen, wenn ein gleichförmiges Geräusch ohne Schwankungen acht Stunden lang konstant auftritt. In diesem (theoretischen) Fall ist sogar die Zeitbewertung bei der Messung frei wählbar (vgl. Abschnitt 3.1) und die Momentanpegel entsprechen den Mittelungspegeln.
Dann gilt:
LAFeq= LAeq= LAeq,8h= LEX,8hin dB(A) |
---|
Eine weitere einfache Methode, den Tages-Lärmexpositionspegel abschätzen zu können, ergibt sich aus der Energieäquivalenz (Halbierungsparameter) von Schalldruckpegeln: "doppelter Lärm in halber Zeit = halber Lärm in doppelter Zeit"
In Zahlen ausgedrückt ergibt sich folgende Tabelle:
für den unteren Auslösewert LEX,8h= 80 dB(A) | für den oberen Auslösewert LEX,8h= 85 dB(A) | ||
---|---|---|---|
80 dB(A) in 8 h | 85 dB(A) in 8 h | ||
= | 83 dB(A) in 4 h | = | 88 dB(A) in 4 h |
= | 86 dB(A) in 2 h | = | 91 dB(A) in 2 h |
= | 89 dB(A) in 1 h | = | 94 dB(A) in 1 h |
= | 92 dB(A) in 30 min | = | 97 dB(A) in 30 min |
= | 95 dB(A) in 15 min | = | 100 dB(A) in 15 min |
= | 98 dB(A) in 7,5 min | = | 103 dB(A) in 7,5 min |
= | 101 dB(A) in 3,8 min | = | 106 dB(A) in 3,8 min |
Bild 3-12: Tages-Lärmexpositionspegel (Halbierungsparameter)
Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, wie schnell Auslösewerte erreicht werden können. Bei einem äquivalenten Dauerschallpegel Leq = 105 dB(A), z. B. bei Schleifarbeiten, wird ohne das Auftreten weiteren Lärms bereits nach fünf Minuten der obere Auslösewert erreicht.
3.6.2
Berechnung des Tages-Lärmexpositionspegels
Der Tages-Lärmexpositionspegel lässt sich berechnen, wenn die äquivalenten Dauerschallpegel mit den dazugehörigen Teilzeiten bekannt sind.
1. Berechnung mit dem Taschenrechner
Tr = Bezugszeitdauer (8 h pro Tag)
T1, T2, … Tn | = | Teilzeit pro Mittelungspegel |
---|---|---|
L1, L2, … Ln | = | Mittelungspegel in dB(A) zur Zeit T1, T2, … Tn |
1. Beispiel: | |||
---|---|---|---|
LAeq1 | = | 105 dB(A), | T1= 4h |
LAeq2 | = | 111 dB(A), | T2= 1h |
LAeq3 | = | 95 dB(A), | T3= 1h |
LAeq4 | 85 dB(A), | T4= 2 h _______ Tr= 8 h | |
LEX,8h | = | 10 lg[1/8 (1010,5 · 4 + 1011,1 · 1 + 109,5 · 1 + 108,5 · 2)] dB(A) | |
LEX,8h | = | 105,1 dB(A) ≈ 105 dB(A) |
2. Beispiel(Tagesschicht mit mehr als 8 Stunden): | ||
---|---|---|
LAeq | = | 90 dB(A), T = 10 h |
mit Tr | = | 8h |
LEX,8h | = | 10 lg [1/8 · (109,0· 10)] in dB(A) |
LEX,8h | = | 91 dB (A) |
2. Berechnung des Tages-Lärmexpositionspegels nach Tabellen:
Die Berechnung des Tages-Lärmexpositionspegels erfolgt hier nach dem gleichen Prinzip wie bei der Pegelmittelung und bei der Pegeladdition nach Tabellen (Bild 3-7 und Bild 3-11).
3. Beispiel (vgl. 1. Beispiel) in diesem Abschnitt: | |||
---|---|---|---|
Presse | |||
mit LAeq1 | = | 105 dB (A) und | T1=4 h |
Scheuertrommel | |||
mit LAeq2 | = | 111 dB (A) und | T2= 1 h |
Säge | |||
mit LAeq3 | = | 95 dB(A) und | T3= 1 h |
Grundgeräusch | |||
mit LAeq4 | = | 85 dB (A) und | T4= 2 h _______ Tr= 8 h |
Nach Bild 3-13 errechnet man: | |||
LAeq,8h= LEX,8h= 105 dB(A) |
An dem hier durchgeführten Berechnungsbeispiel wird deutlich:
Die hohen Pegel (Presse und Scheuertrommel) beeinflussen im Wesentlichen den Tages-Lärmexpositionspegel.
Die Mittelungspegel für die Presse und die Scheuertrommel haben mit den dazugehörigen Teilzeiten etwa die gleiche Wirkung auf das Gehör.
Ohne rechnerischen Nachweis ist die Angabe des Tages-Lärmexpositionspegels, z. B. durch Schätzung, kaum möglich.
Das Beispiel lässt sich nachrechnen, z. B. für den Fall, dass die Presse gekapselt wird. Die Kapsel soll eine Schallpegelminderung von 20 dB(A) besitzen, also bis auf das Grundgeräusch dämmen. Der Tages-Lärmexpositionspegel beträgt dann noch 105 dB(A).
Hier müssten also auch die Scheuertrommel und die Säge lärmgemindert werden, um 85 dB(A) zu unterschreiten.
3.6.3
Expositionspunkte
Ein weiteres Verfahren zur Berechnung des Tages-Lärmexpositionspegels ist die Möglichkeit, Pegeln und deren Einwirkungszeit Lärmexpositionspunkte zuzuordnen.
Die Zuordnung erfolgt nach Bild 3-14 auf Seite 23.
Ausgehend von den Lärmminderungsvorschlägen im vorherigen Abschnitt soll nun die Anwendung der Lärmexpositionspunkte dargestellt werden.
Zunächst werden die Lärmexpositionspunkte je Arbeitsplatz nach Mittelungspegel und Teilzeit aus der Tabelle aus-
gelesen und notiert. Dann wird die Summe der Lärmexpositionspunkte berechnet (Bild 3-15 auf Seite 24).
Mit dieser Punktsumme von 433,6 geht man nun in den rechten Teil der Tabelle und entnimmt ihr den Tages-Lärmexpositionspegel von 86 dB(A).
Man erkennt, dass trotz erheblicher Anstrengungen durch Maschinenkapselung der obere Auslösewert nicht eingehalten werden kann und daher weitere Maßnahmen zur Pegelminderung notwendig werden.
Mittelungspegel nach der Lärmminderung in dB(A) | Teilzeit in h | Lärmexpositionspunkte | |
---|---|---|---|
Presse gekapselt | 85 | 4 | 158 |
Scheuertrommel, gekapselt | 91 | 1 | 157 |
Säge, gekapselt | 85 | 1 | 39,5 |
Grundgeräusch | 85 | 2 | 79,1 |
Summe: | 433,6 |
Bild 3-15: Rechnen mit Lärmexpositionspunkten
3.6.4
Berechnung mit dem IFA-Rechner
Ein weiteres Verfahren zur Berechnung des Tages-Lärmexpositionspegels ist die Möglichkeit, die Einzelpegel mithilfe eines Excel-Blattes, das das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) erstellt hat, zu berechnen
(www.dguv.de, webcode d10635).
Mit dieser kleinen Anwendung lassen sich bis zu 21 Einzelpegel mit ihren Teilzeiten zu einem Tages-Lärmexpositionspegel addieren.
Nach der Eingabe der Einzelpegel und der Teilzeiten entnimmt man der Tabelle den Tages-Lärmexpositionspegel von 86 dB(A).