DGUV Information 207-026 - Zu Hause pflegen - so kann es gelingen! Ein Wegweiser für pflegende Angehörige

Abschnitt 6.2 - 6.2 Entlastung für pflegende Angehörige

Häusliche Pflege bedeutet oft Einsatz rund um die Uhr. Wer das leistet, braucht Phasen der Entspannung und auch längere Auszeiten, um körperlich und seelisch Kraft zu tanken - beispielsweise mit einem Urlaub oder einer Kur. Diese Leistungen wurden extra ins Gesetz (Pflegeversicherungsgesetz, SGB XI) geschrieben, um die pflegenden Angehörigen zu unterstützen. Viele pflegende Angehörige wissen dies aber nicht oder nehmen mögliche Hilfen zur Erholung aus anderen Gründen nicht wahr. Ein schlechtes Gewissen, die Sorge um die pflegebedürftige Person oder schlicht finanzielle Überforderung können die Gründe dafür sein.

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Abb. 31 Tagespflege entlastet die Pflegeperson

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Selbstverständlich: Jede und jeder braucht mal eine Auszeit von der Pflege um gesund zu bleiben.

Jeder Mensch benötigt freie Zeit. Wie schon erwähnt, stehen Ihnen je nach Situation verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zu. Lassen Sie sich im Pflegestützpunkt oder in der Pflegeberatungsstelle dazu beraten.

Entlastungsbetrag

Der Entlastungsbetrag steht allen Menschen mit einem Pflegegrad zu. Er kann beispielsweise für anerkannte Betreuungsangebote und Hilfen im Haushalt genutzt werden, wird aber nicht bar ausgezahlt. Das kann der Besuchsdienst, ein "Demenzcafé", eine Haushaltshilfe oder ein Einkaufsdienst sein. Wichtig ist, dass das Angebot nach den Landesvorschriften anerkannt ist. Der Entlastungsbetrag kann auch für die Kosten der Tagespflege oder der Kurzzeitpflege eingesetzt werden, die nicht pflegebedingt sind. Wenn man die Entlastung in Anspruch genommen hat, werden die Kosten bis zu einer Höchstgrenze durch die Pflegekasse erstattet.

Sie können das Geld monatlich einsetzen oder über mehrere Monate ansparen. Der Betrag für ein Kalenderjahr muss bis Ende Juni des Folgejahres ausgegeben sein.

Kurzzeitpflege im Alten- und Pflegeheim

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Diese Form der Ersatzpflege wird gerne zur Absicherung bei längeren Zeiträumen wie einem Urlaub genutzt.

Die sogenannte Kurzzeitpflege ist in § 42 SGB XI geregelt. Wenn die Pflegeperson beispielsweise Urlaub macht oder zur Kur geht oder wenn die Pflegeperson selbst erkrankt bzw. in eine Krisensituation gerät, ist die Kurzzeitpflege vorübergehend eine gute Alternative. Pflegebedürftige können bis zu 8 Wochen im Jahr vollstationär in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht werden. Im Rahmen der Kurzzeitpflege übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für die pflegebedingten Aufwendungen bis zu einem festgesetzten Höchstbetrag, inklusive medizinische Behandlungskosten und Kosten für soziale Betreuung. Dies gilt für die Pflegegrade 2-5. Sie können den Betrag aufstocken, wenn Sie den Betrag für die Verhinderungspflege nicht vollständig ausgeschöpft haben.

Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung (zuzüglich Investitionskosten und der gesetzlich festgeschriebenen Ausbildungsumlage) muss der oder die Betroffene selbst tragen. Auch der oben erwähnte Entlastungsbetrag kann für diese Kosten genutzt werden. Wer die Inanspruchnahme dieser Leistung planen kann, sollte frühestmöglich einen Platz suchen. Besonders in Ferienzeiten sind die Kurzzeitpflegeplätze sehr begehrt. Vergleichen Sie die Preise infrage kommender Einrichtungen, aber auch die Qualität sowie die räumliche Nähe. Während der Kurzzeitpflege zahlt die Pflegekasse die Hälfte des Pflegegeldes.

Verhinderungspflege in der häuslichen Umgebung oder als Kurzzeitpflege

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Die Beträge für die Ersatzpflege verfallen, wenn sie nicht genutzt werden.

Mit der sogenannten Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI können Sie vornehmlich kürzere Zeiten überbrücken, an denen sie verhindert sind. Das kann aufgrund von Urlaub oder Krankheit, aber beispielsweise auch wegen einer Familienfeier, einer Wohnungsrenovierung oder ohne besonderen Grund der Fall sein.

Verhinderungspflege ist bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr nutzbar und gilt für die Pflegegrade 2-5. Das Pflegegeld wird zur Hälfte weitergezahlt.

Sie umfasst entweder eine Pflegevertretung, etwa durch eine frei gewählte Person, einen ambulanten Dienst in der häuslichen Umgebung oder auch eine vollstationäre Kurzzeitpflege in einem Alten- und Pflegeheim. Dabei übernimmt die Pflegeversicherung nur die Kosten für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung, nicht jedoch die Aufwendungen für Behandlungspflege wie Medikamentengabe oder Blutentnahme, soziale Betreuung und gegebenenfalls Unterkunft und Verpflegung.

Wenn die Vertretung weniger als acht Stunden am Tag beansprucht wird, wird während der Verhinderungspflege zu Hause das volle Pflegegeld weitergezahlt, wenn die Versorgung durch eine private Pflegeperson erbracht wird. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Verhinderungspflege ist, dass die oder der Pflegebedürftige bereits seit mindestens sechs Monaten zu Hause gepflegt wurde.

Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege können jeweils auch tageweise und zudem unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden.

Falls Sie nur die Verhinderungspflege und nicht die Kurzzeitpflege nutzen wollen oder können, können Sie auch noch die Hälfte der Summe für die Kurzzeitpflege als Verhinderungspflege nutzen.

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Abb. 32 Jährliche Ansprüche Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege

Falls Sie die Verhinderungspflege nicht nutzen wollen, können Sie die volle Summe für die Verhinderungspflege zusätzlich für die Kurzzeitpflege nutzen.

ccc_3653_24.jpgBitte kontaktieren Sie frühzeitig die Pflegekasse, um zu besprechen, welche Leistungen im konkreten Fall angebracht sind, beziehungsweise was genau finanziert wird.

Tages- und Nachtpflege

Nicht nur, wenn Sie tagsüber berufstätig sind, kann die Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI ein wichtiges Entlastungsinstrument sein: Sie sieht vor, dass der oder die Pflegebedürftige im Tagesverlauf zeitweise in einer Einrichtung betreut wird.

Der Anspruch auf diese teilstationäre Pflege gilt ab Pflegegrad 2. Dabei übernimmt die Pflegekasse die Pflegekosten, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Kosten der medizinischen Behandlungspflege. Die Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad. Verpflegungskosten, Investitionskosten und eine Ausbildungsumlage müssen privat getragen werden. Für diese Kosten kann der zweckgebundene Entlastungsbetrag genutzt werden.

Sie können die Leistungen der Tages- und Nachtpflege zusätzlich zu den anderen ambulanten Sachleistungen und/ oder dem Pflegegeld nutzen. Leider ist das Angebot an Nachtpflegeplätzen zurzeit noch sehr begrenzt.

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Abb. 33 Gemeinsam auf dem richtigen Weg

Herr und Frau Meier nutzen die Entlastung von Anfang an.

Herr Meier pflegt seine Frau. Sie hat eine chronische Erkrankung. Die beiden Kinder wohnen 80 km entfernt und sind beide berufstätig. Sie kommen hin und wieder am Wochenende, um den Vater zu unterstützen. Frau Meier benötigt Hilfe beim Waschen und Anziehen. Mit einem Rollator kann sie langsam laufen. Beim Treppensteigen benötigt Sie die Unterstützung ihres Mannes. Herr Meier bereitet die Mahlzeiten zu und schneidet seiner Frau das Essen klein, dann kann sie allein essen. Auch die Medikamente muss Herr Meier aus den Blistern drücken, damit seine Frau sie dann nehmen kann. Frau Meier bekam nach der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MdK) direkt den Pflegegrad 3.

Das Ehepaar Meier hat sich entschieden, unterschiedliche Entlastung und Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen, damit die Belastung für Herrn Meier nicht zu groß wird. Frau Meier geht an drei Tagen pro Woche in die Tagespflege. An diesen Tagen kommt auch morgens ein ambulanter Pflegedienst, der das Waschen und Anziehen übernimmt. Herr Meier bereitet das Frühstück vor, während der Pflegedienst da ist. Somit ist seine Frau dann rechtzeitig fertig, wenn der Fahrdienst der Tagespflege kommt, um sie abzuholen.

An den anderen Tagen genießen es die beiden, keinen Zeitdruck zu haben, etwas länger zu schlafen und den Tag in Ruhe zu beginnen. Zusätzlich ist Herr Meier einmal pro Woche abends zum Skatspielen mit seinen ehemaligen Kollegen verabredet. In dieser Zeit lässt er seine Frau nicht so gerne allein. Es kommt eine Mitarbeiterin eines Betreuungsdienstes, die ihr Gesellschaft leistet. Um diesen regelmäßigen Besuch zu bezahlen, nutzen die Müllers die Verhinderungspflege, die sie stundenweise abrechnen können.

Tabelle 1 Leistungen, die das Ehepaar Müller zur Entlastung nutzt

Kombination aus Pflegedienst und Pflegegeld (zusammen 100 %)Es werden 40 % des Anspruchs für einen Pflegedienst verbraucht. Es werden 60 % des Pflegegeldes ausgezahlt.
Tagespflege und EntlastungsbetragFür drei Tage Tagespflege pro Woche.
Verhinderungspflege (stundenweise Abrechnung)Für drei Stunden Betreuung pro Woche.