Seit dem 8. Mai 2019 gilt eine neue Fassung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Der nachfolgende Überblick informiert über die wichtigsten Änderungen seit der Neufassung 2015 und geht vertieft auf die neuesten Änderungen von 2019 ein.
Die BetrSichV vom 3. Februar 2015 konkretisiert das Arbeitsschutzgesetz im Hinblick auf die sichere Verwendung von Arbeitsmitteln - einschließlich Anlagen - am Arbeitsplatz. Dazu setzt sie die Richtlinie 2009/104/EG (EG-Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie) in deutsches Recht um.
Sie regelt jedoch nicht die Vermarktung von neuen oder gebrauchten Arbeitsmitteln. Sie berücksichtigt aber, dass die EU-Binnenmarkt-Richtlinien Vorgaben über die Sicherheit von Arbeitsmitteln machen. Sie enthält zudem rein nationale, nicht auf EU-Recht zurückgehende Sonderregelungen für überwachungsbedürftige Anlagen (siehe § 2 Nummer 30 Produktsicherheitsgesetz). Diese sind auch von Betreibern ohne Beschäftigte zu beachten, sofern die Anlagen gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken dienen. Gerade bei diesen Anlagen wird der Einfluss der Binnenmarkt-Richtlinien auf den Anwendungsbereich der Vorschriften besonders offensichtlich.
Änderungen und Klarstellungen
Seit der Neufassung 2015 gab es mehrere Änderungen der BetrSichV. Die meisten betrafen kleinere Änderungen und Klarstellungen vor allem im Bereich der überwachungsbedürftigen Anlagen. Eine Auflistung ist nachfolgend im Anschluss an die Beschreibung der aktuellen Änderung von 2019 zusammengestellt.
Mit der Änderungsverordnung vom 30. April 2019 (BGBl. I S. 554) wurden gleich zwei besonders hervorzuhebende Änderungen vorgenommen, welche die Vorschriften zu Druckanlagen in Anhang 2 Abschnitt 4 betreffen:
- Die Prüfpflichten bestimmter Druckanlagen in Anhang 2 Abschnitt 4 BetrSichV hängen von den in ihnen enthaltenen Stoffen und Gemischen ab. In der bisher geltenden BetrSichV wurden die entsprechenden Stoffe und Gemische durch Verweisung auf entsprechende Nummern in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) bestimmt. Die Anpassung der BetrSichV an die kürzlich geänderte CLP-Verordnung wurde jetzt so ausgestaltet, dass die Inbezugnahme der Stoffe und Gemische nicht mehr durch Verweisung auf entsprechende Nummern in Anhang I der CLP-Verordnung erfolgt. Dieser Verweis war zwar rechtlich einwandfrei, aber für die Anwender nicht einfach zu verstehen.
Jetzt werden stattdessen die so genannten H-Sätze (Gefahrenhinweise) in der BetrSichV genannt, die den betreffenden Stoffen und Gemischen über die CLP-Verordnung fest zugeordnet sind. Die Änderung bewirkt deshalb eine deutliche Erleichterung für die Anwender der BetrSichV, weil die H-Sätze der in den Druckanlagen gehandhabten Stoffe und Gemische direkt aus deren Sicherheitsdatenblatt entnommen werden können. Das Sicherheitsdatenblatt ist bekanntlich allen gewerblichen Verwendern kostenlos und unaufgefordert mitzuliefern und auch regelmäßig zu aktualisieren. Eine besondere Rechts- oder Fachkenntnis ist für das Lesen dieser Sicherheitsinformation für die Feststellung einer Prüfpflicht nicht erforderlich.
Mit der Änderung der Art der rechtlichen Inbezugnahme ist übrigens keine inhaltliche Änderung der bisherigen Prüfpflichten verbunden. - Die Regelungen zu den überwachungsbedürftigen Anlagen sind nicht nur rein nationales Recht, sondern auch seit über 60 Jahren weitgehend unverändert. Vor allem die Bestimmungen zu den Druckanlagen in Anhang 2 Abschnitt 4 BetrSichV enthalten zahlreiche historisch gewachsene Sonderregelungen und Ausnahmen. Der mit der Neufassung 2015 unternommene Versuch einer Vereinfachung gelang nur teilweise. Nunmehr wurde ein Vorschlag des Ausschuss für Betriebssicherheit zu den Sonderregelungen der bisherigen Nummer 6 (jetzt in Nummer 7) in die BetrSichV aufgenommen.
Die neue Nummer 7 ist jetzt als Tabelle ausgestaltet. Diese enthält die Prüfpflichten für jede, in der Tabelle genannte Anlagenart als abschließende Beschreibung (und nicht mehr wie bisher als Abweichung von der Grundnorm). Damit kann auf einen Blick für die jeweilige Anlage zweifelsfrei herausgefunden werden, welche Prüfvorschriften anzuwenden sind.
Für einige wenige Anlagenarten konnten bisher geltende Sonderregelungen entfallen, für diese sind nun die Regelfälle gemäß Anhang 2 Abschnitt 4 Nummern 4 und 5 anwendbar. Zu einer radikaleren Vereinfachung konnte sich der Ausschuss leider nicht durchringen. Immerhin findet man in der amtlichen Begründung einzelne Hinweise, warum man glaubte, nicht auf die nach wie vor sehr umfangreichen Sonderregelungen verzichten zu können.
- Bei den Klarstellungen und Korrekturen sind insbesondere zu erwähnen:
- Im gesamten Verordnungstext wird nun sauber zwischen Prüfung und Überprüfung bzw. Kontrolle unterschieden.
- Der unbestimmte Rechtsbegriff »wirksam« wird durch »geeignet und funktionsfähig« konkretisiert.
- Der Prüfer überprüft auch die Festlegung der Fristen für die wiederkehrenden Prüfung.
- Bei den technischen Maßnahmen werden Eignung und Funktionsfähigkeit und bei den organisatorischen Maßnahmen nur die Eignung geprüft.
Überblick über alle Änderungen bis 2019 im Anschluss an die Neufassung 2015
Verordnung vom 13. Juli 2015 (BGBl. I S. 1187): Mit der Änderung (insbesondere von Anhang 1 Nummer 4 BetrSichV) wird bewirkt, dass Personenumlaufaufzüge (Paternoster) auch von anderen Personen als von Beschäftigten benutzt werden dürfen. Dazu werden die Betreiber solcher Anlagen verpflichtet, durch zusätzliche Maßnahmen Gefährdungen bei der Benutzung zu vermeiden. Neben – nur sehr eingeschränkt möglichen technischen Maßnahmen - gehören hierzu insbesondere solche Maßnahmen, mit denen die Benutzer über Gefahren, sicherheitsgerechtes Verhalten sowie weiterhin bestehende Einschränkungen aufgeklärt werden. Beispiele hierfür finden sich in Anhang 2 der Technischen Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 3121. Die Verantwortung für die sichere Benutzung liegt alleine beim Betreiber des Personenumlaufaufzugs!
Artikel 15 der Verordnung vom 2. Juni 2016 (BGBl. I S. 1257): Anpassung der Zuständigkeitsregelungen in § 20 bzgl. der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
Artikel 2 der Verordnung vom 15. November 2016 (BGBl. I S. 2549): Mit der Änderung wurden lediglich Klarstellungen und Korrekturen der Betriebssicherheitsverordnung insbesondere der Regelungen zu Prüfungen bei überwachungsbedürftigen Anlagen vorgenommen, deren Notwendigkeit sich insbesondere aus dem Vollzug der BetrSichV durch die Bundesländer ergeben hatte.
Artikel 147 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626): Die Änderung in § 18 BetrSichV bewirkt, dass Anträge auf Erlaubnis gemäß § 18 BetrSichV auch elektronisch gestellt werden können.
Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung vom 18. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3584): Mit der Änderung wurden lediglich Klarstellungen und Korrekturen der Betriebssicherheitsverordnung vorgenommen, deren Notwendigkeit sich insbesondere aus dem Vollzug der BetrSichV durch die Bundesländer ergeben hatte.
Artikel 1 der Verordnung vom 30. April 2019 (BGBl. I S. 554): Änderungen insbesondere im Anhang Druckanlagen wie eingangs erläutert
Text: Dr. Helmut A. Klein
Ratespaß: Lesen Sie auch »Zehn Fragen zur Betriebssicherheitsverordnung« >>