Fachbeitrag  Arbeitssicherheit, Recht und Urteile  

Betriebssport im Spannungsfeld der gesetzlichen Unfallversicherung

Geschäftsmann auf dem Weg zum Betriebssport
Foto: © New Africa - stock.adobe.com

»Betriebssport« ist nicht unbedingt auch »betrieblicher« Sport. In welchen Fällen sind sportliche Aktivitäten von Beschäftigten gesetzlich unfallversichert? 

»Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper« (in Latein: mens sana in corpore sano) bedeutete schon den alten Römern sehr viel, wie die zahlreichen Bäder, Thermen und Sportstätten belegen, die immer wieder bei Ausgrabungen an den Stätten der Antike gefunden wurden.  

In Deutschland sind heute zahlreiche Beschäftigte in Produktionsunternehmen, bei Dienstleistern und in öffentlichen Verwaltungen in Betriebssportgemeinschaften (abgekürzt: BSG) organisiert, um Leichtathletik zu betreiben, Fußball zu spielen oder zu kegeln und sich dabei auch im Rahmen von Meisterschaften und Turnieren mit anderen BSGen zu messen. 

Besonders bei den körperbetonten Wettkampf-Sportarten kommt es dabei immer wieder zu teils gravierenden Verletzungen, die bei den Geschädigten dann den Ruf nach dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung laut werden lassen und im Streitfall auch die Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit beschäftigen bis hinauf zum Bundessozialgericht in Kassel. 

Dabei hat sich zum Nachteil der Kläger immer wieder herausgestellt, dass »Betriebssport« nicht zwingend auch »betrieblicher« Sport ist, selbst wenn Mitarbeiter und Kollegen daran teilnehmen und daraus auch kein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung abgeleitet werden kann. 

Keine Definition von »Betriebssport« 

Die juristische Problematik beginnt bereits damit, dass es weder eine Legaldefinition des Begriffs »Betriebssport« gibt noch eine Rechtsgrundlage. Bereits insofern unterscheidet sich der Betriebssport vom Arbeits- und Wegeunfall. Betriebssport kann, wie der Fachliteratur zu entnehmen ist, während der Arbeitszeit betrieben werden, ist aber gleichwohl nicht Bestandteil der Arbeitszeit. Die so verbrachten Stunden müssen dann nachgeholt werden. Die Teilnahme am Betriebssport ist freiwillig, es sei denn, die sportliche Betätigung ist Teil des Dienstes wie etwa bei der Bundeswehr oder der Bereitschaftspolizei. Dann besteht aber auch Unfallversicherungsschutz. 

GUV-Schutz? Ja, wenn ... 

Das Bundessozialgericht hat im Laufe der Jahre und angesichts seiner immer wiederkehrenden Befassung mit derartigen Verfahren einen Kriterien-Katalog entwickelt, der auf dem Arbeitgeberportal des AOK-Bundesverbandes (also der gesetzlichen Krankenversicherung) abgebildet ist, die »naturgemäß« ein vorrangiges Interesse an der Gesundheit von Beschäftigten, auch bei Sport und Spiel hat. Danach ist der an ein Beschäftigungsverhältnis anknüpfende Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) auch beim Betriebssport zu bejahen, wenn nachstehende fünf Kriterien erfüllt sind: 

  1. Ausgleichscharakter
    Die sportlichen Aktivitäten müssen dem Ausgleich für körperliche, geistige und nervliche Belastungen im Zusammenhang mit der Arbeit dienen. Laut Bundessozialgericht trifft dies grundsätzlich auf alle Sportarten mit körperlichem Einsatz zu. Nicht versichert ist jedoch die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen, bei denen der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht. Dazu gehören neuerdings auch bisher versicherte Wettkämpfe zwischen Betriebssportgemeinschaften.
     
  2. Regelmäßigkeit
    Die sportlichen Aktivitäten müssen mindestens einmal im Monat stattfinden und die Mitarbeiter ebenso regelmäßig daran teilnehmen.
     
  3. Betriebszugehöriger Teilnehmerkreis
    Der Teilnehmerkreis muss sich im Wesentlichen auf Angehörige des Unternehmens beschränken. Die Voraussetzung ist zudem erfüllt, wenn sich mehrere Betriebe zu einer Betriebssportgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Allerdings muss die fragliche Betriebssportgemeinschaft vom Grundsatz her auch allen Betriebsangehörigen offenstehen. Daher erfüllt zum Beispiel ein Fußballspiel, zu dem nur männliche Mitarbeiter eingeladen sind, dieses Kriterium nicht.
     
  4. Zeitlicher Zusammenhang mit der Arbeit
    Übungszeiten und -dauer müssen im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen. Dies ist gewährleistet, wenn die sportliche Aktivität vor oder nach der Arbeitszeit oder während der Pausen stattfindet. Auch ein Samstagstermin zählt dazu, nicht jedoch ein mehrtägiger Ausflug mit sportlichen Aktivitäten.
     
  5. Unternehmensbezogene Organisation
    Der Sport muss unternehmensbezogen organisiert sein. Dies ist zum Beispiel erfüllt, wenn das Unternehmen die Räumlichkeiten und Geräte bereitstellt oder der Übungsleiter selbst aus dem Betrieb kommt. Auch die Wege zur Übungsstätte sind mitversichert.  

Beachte: Ein anschließendes geselliges Beisammensein ist reine Privatsache und nicht versichert.

Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg

Urteil: Lesen Sie auch »Sind betriebliche Fußballturniere gesetzlich unfallversichert?« >>

Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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