Wie steht es mit der Sicherheit nach dem Retrofit und wer bescheinigt einer retrofitteten Maschine den sicheren Betrieb? Dies und mehr erfahren Sie in Teil 2 unserer Serie.
Ein Blick in die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL) zeigt zunächst einmal, dass »die Sicherheit einer Maschine unter normalem, ungestörten Betrieb gewährleistet sein muss. Die Sicherheit darf auch bei Fehlern nicht verloren gehen«.
Dabei ist der gesamte Lebenszyklus einer Maschine gemeint. Somit gelten auch nach einem Retrofit die geltenden Normen und Richtlinien uneingeschränkt. Denn eine Erneuerung, ein Retrofit, ersetzt zwar alte, nicht mehr sichere oder effiziente Bauteile. Das unterbricht jedoch höchstens den Lebenszyklus einer Maschine - setzt diesen aber nicht außer Kraft.
Neben der Maschinenrichtlinie gilt auch weiterhin das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) als nationale Umsetzung der Maschinenrichtlinie. Hier und in der Maschinenrichtlinie werden das Inverkehrbringen von »wesentlich veränderten« Produkten und damit auch das Inverkehrbringen von wesentlich veränderten Gebrauchtmaschinen beschrieben.
»Wesentlich verändert« im Sinne der GPSG
Auf Basis der Eigenherstellerregelung der Maschinenrichtlinie über die Maschinenverordnung (9. GPSGV) wird auch die wesentliche Veränderung von Gebrauchtmaschinen erfasst. Allerdings ist im GPSG der Begriff »wesentlich verändert« nicht näher erläutert. Deshalb hat im Jahr 2000 das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BAMS) ein mit den Ländern abgestimmtes Interpretationspapier dazu veröffentlicht (Bekanntmachung des BMA - heute Bundesministerium fu?r Arbeit und Soziales BMAS vom 7. September 2000, Bundesarbeitsblatt 11/2000, S. 35).
Das Papier legt den unbestimmten Rechtsbegriff für Maschinen näher aus. Es bezieht sich noch auf das GSG - Gerätesicherheitsgesetz. Da sich aber die Rechtslage an dieser Stelle durch das GPSG nicht geändert hat, kann man die Interpretation unverändert übernehmen.
Risikoanalyse schafft Rechtssicherheit
Nach dem Interpretationspapier ist im Rahmen einer Risikobeurteilung zu untersuchen, ob eine Veränderung einer Maschine im Sinne des GPSG wesentlich war.
Sinnvoll ist es auf jeden Fall, nach dem Retrofit eine Risikoanalyse durchzuführen. Diese Aufgabe hat normalerweise der Betreiber. Zur Begründung: Derjenige, dem die veränderte Maschine gehört, ist in der Pflicht festzustellen, ob sie wesentlich verändert wurde. Abweichungen müssen in einem Werk- oder Dienstvertrag geregelt sein.
Falls im Nachhinein unterschiedliche Auffassungen zwischen Dienstleister beziehungsweise Retrofitter und Besitzer beziehungsweise Betreiber auftreten, können die Ansprechpartner der zuständigen (Marktaufsichts-)Behörden helfen. Aber soweit muss es nicht kommen. Ein Vertrag im Vorfeld sollte unbedingt regeln, wer für die Sicherheit der Maschine verantwortlich ist und wer zum Beispiel die Risikoanalyse durchführt.
So geht's weiter: Die rechtlichen Hintergründe rund um Sicherheit und Haftungsfragen von Retrofits erfahren Sie im nächsten Teil unserer Serie.
Autor: Dipl.-Ing. Guido Matthes